Goma in Trümmern

Zwei Wochen nach dem Vulkanausbruch braucht die Bevölkerung von Goma im Kongo Wiederaufbauhilfe. Experten wollen sie lieber umsiedeln

von DOMINIC JOHNSON

Die Bevölkerung von Goma ist auf der Hut. „Wohnen Sie nicht in einem mehrstöckigen Haus“, rät eine lokale Organisation. „Beobachten Sie regelmäßig den Zustand des Hauses, in dem Sie wohnen, um Risse in den Wänden festzustellen. Ein Phänomen kumulativer Risse ist zu konstatieren, und das ist gefährlich.“

Zwei Wochen nach dem verheerenden Ausbruch des Vulkans Nyiragongo bei der kongolesischen Stadt Goma befürchten Experten immer noch neue Ausbrüche und Erdbeben. Und die Lage in Goma bleibt katastrophal. Zwar funktionieren Wasser- und Stromversorgung wieder. Aber die Stadt von einst 400.000 Einwohnern bleibt auf einem Fünftel ihrer Fläche mit Lava bedeckt. 40 Prozent ihrer Gebäude sind zerstört, darunter fast die gesamte Innenstadt.

Nach unterschiedlichen Schätzungen der UN-Hilfswerke und der herrschenden Rebellenbewegung RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie) sind 106.000 bis 180.000 Menschen obdachlos. Die UNO zählt 147 Tote. Auch die, deren Häuser noch stehen, sind nun auf Hilfe angewiesen. 58 Prozent der Haushalte von Goma haben Obdachlose aufgenommen.

Der Vulkanausbruch passierte mitten in der Erntezeit, die nun kräftig gestört ist. Das hat erhebliche Auswirkungen – die vulkanische Erde um Goma ist sehr fruchtbar und versorgte bisher halb Ostkongo.

Internationale Hilfe fließt zwar reichlich. Aber das Pole-Rechercheinstitut in Goma warnt vor einer Flut von Nothilfe bei gleichzeitiger Lähmung der Wirtschaft: „Alle Schüler und Studenten suchen jetzt Arbeit im humanitären Bereich“, schreibt die Organisation. „Wenn sie an Dollars gewöhnt sind, werden sie ihre Studien aufgeben wollen.“

Die herrschende RCD hat Miet-, Wasser- und Stromgebühren ausgesetzt, um die Lage der Bevölkerung zu erleichtern. Aber nun hat sie gar keine Einnahmen mehr, denn der normale Handel liegt brach und Hilfsgüter sind vom Zoll ausgenommen. Die größte Rebellenbewegung des Kongo ist pleite und auf Auslandshilfe angewiesen. Das hat politische Folgen.

So soll jetzt eine Volkszählung stattfinden – aber die RCD kann das nicht alleine machen. Es soll festgestellt werden, wer in Goma noch monatelang UN-Lebensmittelhilfe erhalten soll. Die Nothilfe des UN-Welternährungsprogramms WFP, die erst sechs Tage nach dem Vulkanausbruch angelaufen war, ging nur in der ersten Woche an alle; jetzt soll sie auf besonders bedürftige Gruppen konzentriert werden.

Problematischer noch ist die Zukunft Gomas überhaupt. Manche Experten und Teile der RCD sind dafür, den zerstörten Teil Gomas gar nicht wieder aufzubauen, sondern die Stadt nach Westen zu verlagern, weg vom Vulkan. Im Gespräch ist die Gegend um Mugunga, wo sich 1994–96 ein großes ruandisches Flüchtlingslager befand. Dort sondieren die Behörden gerade das Terrain. Eine interne Studie der deutschen Entwicklungsbehörde GTZ (Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit) schlägt sogar einen Bevölkerungstransfer über hunderte von Kilometern in andere Provinzen des Kongo vor.

Solche Ideen dürften bei den Betroffenen auf ähnlichen Widerstand stoßen wie die unmittelbar nach dem Vulkanausbruch aufgestellten Überlegungen, Gomas Einwohner komplett in Flüchtlingslager nach Ruanda umzusiedeln.

Um die Idee eines Transfers schmackhaft zu machen, hat die RCD jeglichen Wiederaufbau von Häusern verboten. Aber Leopold Rutingirwa vom NGO-Dachverband CRONGD warnt: „Es wird die Bevölkerung selbst sein, die entscheidet, ob sie am selben Ort wiederaufbauen will oder nicht.“