Ganz große Koalition will NPD-Verbot sichern

Trotz Kritik an Schily stützt jetzt auch die FDP die Weiterführung des NPD-Verbotsverfahrens. CDU verzichtet „ganz bewusst“ auf Rücktrittsforderungen

BERLIN taz ■ Regierung und Opposition wollen das NPD-Verbotsverfahren retten. Die Verfassungsfeindlichkeit der rechtsextremen Partei stehe außer Frage, erklärten gestern übereinstimmend Politiker von SPD, Grünen, CDU und FDP. Deshalb müssten die Verbotsanträge, die Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt hatten, nicht völlig neu geschrieben, sondern lediglich nachgebessert werden.

Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), der wegen der so genannten V-Mann-Affäre seit Tagen unter massivem Druck steht, erhielt vor der Sondersitzung des Bundestags-Innenausschusses, die bei Redaktionsschluss noch andauerte, demonstrative Rückendeckung der Koalitionsfraktionen. „Wir denken nicht im Albtraum daran, die Verbotsanträge zurückzuziehen“, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD, Dieter Wiefelspütz.

Der Innenexperte der Grünen, Cem Özdemir, räumte zwar „Defizite bei der Führung von V-Leuten“ ein, forderte aber eindringlich, dass Verfahren zügig fortzusetzen. Die Karlsruher Richter hatten in der vergangenen Woche die für Februar geplanten Termine für die mündliche Verhandlungen überraschend abgesetzt, weil die Bundesregierung einräumen musste, dass sich die Verbotsanträge auch auf Aussagen so genannter V-Leute des Verfassungsschutzes stützt. Jetzt erwarte das Gericht bis zum 11. Februar eine schriftliche Stellungnahme der Antragsteller, so Wiefelspütz gestern.

Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) meinte zwar, Schily trage die „persönliche Verantwortung“ für die Verzögerung des Verfahrens. Dennoch halte sich die Union „mit Rücktrittsforderungen ganz bewusst zurück“, um das NPD-Verbot nicht zu gefährden.

Selbst der FDP-Innenpolitiker Max Stadler, dessen Partei wiederholt ein Ende des Verbotsverfahrens gefordert hatte, stützte die Anträge plötzlich: „Wir wollen das Verfahren wieder nach vorn bringen, weil der Rechtsextremismus in Deutschland keine Chance haben soll.“

Wie Bosbach forderte Stadler aber, Schily müsse endlich offenlegen, welche Teile der Anträge auf Aussagen von V-Leuten gründeten. Die Ausschussvorsitzende Ute Vogt (SPD) schloss nicht aus, dass in den Verbotsanträgen weitere V-Leute zitiert werden, betonte aber, zumindest unter den 14 dem BVG als Zeugen benannten NPD-Funktionären gebe es neben NPD-Funktionär Wolfgang Franz „niemand mehr, der in Verbindung zum Verfassungsschutz steht“.

Ein Verbot der NPD noch vor der Bundestagswahl wird aber immer unwahrscheinlicher: Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Wilhelm Schmidt, rechnet wie der bayerische Innenminister Günther Beckstein mit mehrmonatigen Verzögerungen wegen der V-Mann-Pannen. ANDREAS WYPUTTA