Nicht-Hamburger sollen zahlen

Uni-Präsident Jürgen Lüthje will mit Studiengebühren die Hochschule retten  ■ Von Kaija Kutter

Universitäts-Präsident Jürgen Lüthje hat offenbar die Faxen di-cke. Erst versprechen die Parteien im Wahlkampf, der Uni „die Sparauflagen zu erlassen“. Genau so steht es auch im Koalitionsvertrag. Doch dann wird dies bei den Haushaltsberatungen ignoriert und schließlich soll alles noch schlimmer kommen. Deshalb will Lüthje nun auf andere, ungewöhnliche Weise Geld eintreiben: Studiengebühren von 1000 Euro pro Semes-ter – die den einzelnen Studierenden aber nichts kosten. Wenn er denn in Hamburg gemeldet ist.

Wissenschaftssenator Jörg Dräger habe den Unis in „erfreulich offener Weise klaren Wein eingeschenkt“, sagt Lüthje auf seiner Jahrespressekonferrenz. Angesichts von 600 Millionen Euro Steuerausfällen wäre es schon schwer genug, den Haushalt der Hochschulen zu halten. Lüthje: „Doch das reicht nicht. Wir brauchen dringend 30 bis 40 Millionen Euro, um die Universität zu sanieren.“

Lüthjes Idee einer Lösung: Nach einem Abgleich von Adressen der rund 35.000 Studierenden hat er festgestellt, dass nahezu 10.000 ihren ersten Wohnsitz außerhalb Hamburgs haben. Lüthje: „Das ist nicht in Ordnung. Die nutzen die Infrastruktur dieser Stadt.“ Für jeden „Auswärtigen“ gingen der Stadt im Jahr 3000 Euro verloren, die sie sonst über den Länderfinanzausgleich bekäme. Hochgerechnet mit der Zahl 10.000 ergäbe dies jährliche Mehreinnahmen von 30 Millionen Euro – genug, um die Unterfinanzierung im Sach- und Personalhaushalt der Uni zu beheben.

Also sollen über die Studiengebühren Anreize für die Studierenden geschaffen werden, sich in Hamburg anzumelden. Denn, so Lüthjes Idee, die Stadt würde ihren Landeskindern die 1000 Euro pro Semester in Form von Bildungsgutscheinen voll erstatten. Diese würden sich aus dem gestiegenen Länderfinanzausgleich refinanzieren. Lüthje: „Die Studierenden werden dafür sein, weil sie die Qualitätsverbesserung merken.“

Das Modell hat noch offene Fragen. So könnten über eine Begrenzung der Gratis-Semester Langzeitstudierende bestraft werden. Auch ist unklar, wie mit Studierenden verfahren wird, die beispielsweise in Norderstedt wohnen. Lüthje: „Die müssen sich entscheiden, hierher zu ziehen, oder das Land Schleswig-Holstein muss für sie Bildungsgutscheine ausgeben.“

Letztlich will Lüthje mit dem Vorstoß auch die bundespolitische Debatte um Bildungsgutscheine neu anregen, deren Einführung an den Mehrheiten in der Kultusmi- nisterkonferrenz scheitert. Denn eigentlich müssten die Flächenländer, die vergleichsweise wenig ausbilden, den Hochschul-Metropolen Hamburg, Berlin und Bremen einen Transfer zahlen.

Dass die Hamburger Uni beliebt ist, steht außer Frage. Mit 20 Prozent mehr Bewerbern habe sie in 2001 einen „beispiellosen Anstieg erlebt“, schwärmt Lüthje. Was leider einen hohen Numerus clausus zur Folge habe. Lüthje: „Es wäre gut, wenn die Politik dem Rechnung tragen würde und aus der angespannten Finanzlage nicht falsche Konsequenzen zieht.“ Wissenschaftssenator Jörg Dräger hatte erst kürzlich angekündigt, die Uni müsse „Schwerpunkte“ setzen, und „zu jeder Priorität gehöre auch eine Posteriorität“, sprich etwas, was man nicht mehr macht. Andererseits ist Dräger ein großer Fan von Bildungsgutscheinen..