Innensenator ist verschnupft

Schill wehrt sich gegen Kokainvorwürfe. Sein Partyfreund Ammer ist allerdings wegen Drogenbesitzes vorbestraft  ■ Von Peter Ahrens und Andreas Speit

Der Beschuldigte ist empört: Eine „Schmutzkampagne“ sei im Gange, „schlimm, dass ein Verfassungsrichter da mitmacht“. Innensenator Ronald Schill ist in der Defensive, seit Kokain-Vorwürfe gegen ihn öffentlich diskutiert werden. Der parteilose ehemalige Hamburger Justizsenator und jetzige Bundesverfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem hatte Schill aufgefordert, zu den Gerüchten, er habe Kontakt zu Kokain-Konsumenten oder sei gar selbst einer, Stellung zu nehmen (siehe S. 6). Das tat Schill gestern : „Ich habe niemals illegale Drogen irgendwo genommen“, sagte er bei der Eröffnung eines Parteibüros in Schwerin: „Wir werden sehen, ob mein Wort ausreicht oder ob ich Haare lassen muss.“ Fakt ist aber, dass Schill Stammgast auf den Feten von Partykönig Michael Ammer in den Hamburger Clubs „Wollenberg“ und „Valentinos“ ist. Ammer ist wegen Kokainbesitzes vorbestraft: 1995 verurteilte ihn das Landgericht zu einer Strafe von 18 Monaten auf Bewährung.

Angestoßen hatte die Kokain-Debatte der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Manfred Mahr, der Schill in der Vorwoche im Parlament Faulheit im Amt vorgeworfen hatte. Statt Akten zu lesen, sei Schill zu einer Fete nach Sylt entschwunden, auf der „auch Koks die Partydroge gewesen sein soll“. Damit waren die Vorwürfe in der Welt, Hoffmann-Riem hat sie in seinem Brief lediglich aufgegriffen: „Die Gerüchte, dass Sie mit Kokain in Verbindung stehen, gehen schon seit einiger Zeit in der Stadt um. Es wird Zeit, das Ansehen des Amtes durch eine klare Aussage zu schützen.“

Schill verteidigte gestern in Schwerin, warum er Dauergast auf Banketten und Partys sei. Dies sei „Verpflichtung und Arbeit“, nur dort habe er die Gelegenheit, „Persönlichkeiten aus Medien, Kultur und Politik kennen zu lernen“, die Partys seien „erweiterte Bürgerstunden“, und diese Kontaktpflege sei notwendig, „um unser großes Ziel, die Kandidatur zur Bundestagswahl, vorzubereiten“. Er räumte ein, „es kann natürlich sein, dass bei einer solchen großen Party in einer versteckten Ecke auf der Toilette Koks geschnupft wird“. Hoffmann-Riems Brief werde er nicht beantworten, zudem prüfe er rechtliche Schritte gegen Mahr.

Der gibt sich gelassen: „Ich habe ein gutes Gewissen. Ich wäre ein schlechter innenpolitischer Sprecher meiner Fraktion, wenn ich nichts zu dem Thema sagen würde.“ Wenn einer über juristische Schritte nachdenken könne, so Mahr, dann sei er es, schließlich hatte Schill ihn als „Dreckschleuder“ bezeichnet: „Ich habe dagegen nie behauptet, Schill habe selbst gekokst.“

Unbill dräut Schill durch Mahr auch auf anderem Gebiet. Der grüne Abgeordnete hat den Senat gefragt, ob es stimme, dass Schill im Wahlkampf Bodyguards engagiert habe, die aus der zwielichtigen Türsteherszene stammten. Zugeknöpfte Antwort des Senates: „Der Senat nimmt zu Angelegenheiten von Parteien keine Stellung.“ Während auch zur Kokain-Affäre vom Bürgermeister nur zu hören war, er kommentiere keinen „Klatsch und Tratsch“, schwant dem Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg: „Das alles wird die Unruhe im Polizeiapparat steigern.“