Entenfrosch trifft Namenloses

■ Die „FreiNacht“ ist eine Welt voll bizarrer Poesie. Und eine kontemplative Ergänzung des unaufhörliche Drives des Samba-Karnevals. Eine Foto-Reportage von Laura Marina

Im Schlachthof tobte der ausverkaufte „Erd-Ball“, in den Straßen rollte der Sambazug. Über 1.000 Sambistas trommelten Bremen – vorbei an Kopenhagen – zur Samba-Hauptstadt Europas. Vorbei die Zeiten, in denen sich der im Lagerhaus sitzende Verein „Bremer Karneval“ anhören musste, dass die „Neger mit Trommeln“ eigentlich eher stören würden.

Solche Sprüche gabs früher nicht zuletzt im Viertel, wie Katrin Bretschneider vom Organisations-Team erzählt. Doch dieses Jahr stieß sogar das nächtliche „Einheizen“ in Lagerhaus, Weserterrassen, Scenario und Lila Eule auf das gesammelte Viertel-Wohlwollen.

Samba-Zeit ist eben Ohrenstöpselzeit. Und wer sich nach Ruhe sehnte, fand in der FreiNacht Gelegenheit zu Kontemplation. Hinter der Kunsthalle hatte das Blaumeier-Atelier – schon zum dritten Mal – seine Zauberwelt aufgebaut: Eine Landschaft voller bizarrer Poesie, in der Kobolde, Froschenten und vor allem viel Undefinierbares sein Wesen trieb, begleitet von einem erdigen Klangteppich.Und tatsächlich ließ sich der Großteil der fast siebeneinhalbtausend BesucherInnen (an zwei Abenden) auf die hier herrschende Langsamkeit ein – auf die behutsame Drehung des Lamakopfes, auf den zeitgelupten Positionswechsel des Mannes im Silberbaum, auf die über den Moorsee kriechende Wolke. „Terra Magica“, dem Motto dieses 17. Bremer Karnevals, fügten die fast 100 MaskenspielerInnen der FreiNacht eine schier unbegrenzte Menge an Phantasie-Facetten hinzu.

Ob es allerdings auch nächstes Jahr eine FreiNacht geben kann, ist ungewiss. Blaumeier-Sprecherin Hellena Harttung: „Die Finanzierung der FreiNacht ist ein kompliziertes Konstrukt, und wir wissen nicht, ob Stadtgrün auch im kommenden Jahr über die notwendigen finanziellen Mittel verfügt.“ Der städtische Betrieb war erst kürzlich einer Revision durch die Unternehmensberatung Roland Berger unterzogen worden. HB