Der Horror nimmt kein Ende

Wieder schlechte Nachrichten aus der Bankgesellschaft: Aus Immobilien-Risiken kommen neue Forderungen von fünf bis acht Milliarden Euro auf Berlin zu: Sarrazin: Kollektiver Wahnsinn

von ROBIN ALEXANDER

Das Land Berlin muss mit zusätzlichen Milliarden für Verluste seiner Bankgesellschaft geradestehen. Das Nachrichtenmagazin Spiegel berichtet in seiner heutigen Ausgabe, durch die Übernahme von Altrisiken aus dem Immobilienbereich der Bank entstünden mindestens fünf Milliarden Euro Verpflichtungen für Berlin. Diese Rechnung geht von einer Besserung der zur Zeit schwierigen Situation auf dem Immobilienmarkt aus. Erfüllt sich diese Hoffnung nicht, wird Berlin sogar acht Milliarden Euro zahlen müssen. Als Quelle nennt das Magazin Wirtschaftsprüfer der Bankgesellschaft und Haushaltspolitiker.

Im vergangenen Sommer hatte Berlin schon einmal 1,8 Millarden Euro in die schlingernde Bankgesellschaft gesteckt. Die erklärte Absicht des rot-grünen Übergangssenats, durch Verkauf von Anteilen der Bankgesellschaft an private oder öffentliche Investoren einen Teil dieses Kapitals zurückzubekommen, hat sich inzwischen als illusorisch erwiesen. Stattdessen war im Dezember eine pauschale Garantie der Risikoübernahme erforderlich geworden, um die Bankgesellschaft vor der Pleite zu bewahren. Jetzt sei eine Ausfallbürgschaft fällig, die den Landeshaushalt auf lange Sicht mit Milliarden Euro belasten werden.

Die desolate Situation der zu 81 Prozent in Landesbesitz befindlichen Bankgesellschaft resultiert aus dem Immobiliengeschäft des Instituts. Immobilienfonds, die vor allem Objekte in Ostdeutschland enthielten, wurden zu höchst ungewöhnlichen Konditionen an den Mann gebracht. Den in Aussicht gestellten Renditen standen für die Anleger keinerlei Risiken gegenüber: Diese trägt das Land. Der neue Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) bewertet diese Praktik in deutlichen Worten: „Das war Kollektiv-Wahnsinn.“

Das auf den Landeshaushalt durchschlagende Bankendesaster könnte gar dazu führen, dass Deutschland die Maastricht-Kriterien verletzt. Diese schreiben eine Beschränkung der Nettoneuverschuldung aller staatlichen Haushalte auf 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes vor. Mit den neuen Belastungen bekommt auch die Diskussion, ob Berlin sich im Haushaltsnotstand befindet, neue Aktualität. Dieser muss vom Bundesverfassungsgericht festgestellt werden.

Unklar ist, über welchen Zeitraum der Berliner Haushalt durch den zusätzlichen Bedarf der Bank belastet wird. Finanzsenator Sarrazin spricht von „Haushaltsverpflichtungen für die nächsten 25 Jahre“. Finanzpolitiker von SPD und PDS sehen ihre Sparbemühungen jedoch schon jetzt konterkariert. Die beiden Parteien planten in ihrem Koalitionsvertrag in dieser Legislaturperiode Einsparungen allein beim landeseigenen Personal von 500 Millionen. Eine weitere halbe Milliarde sollte durch Verhandlungen mit den Gewerkschaften erreicht werden. Jetzt sagt PDS-Haushaltsexperte Harald Wolf: „Die von der rot-roten Koalition beschlossenen Einsparungen werden in erheblichem Maße durch die neuen Belastungen aus dem Bankgeschäft wieder aufgefressen.“