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: Vom Einfluss des Ernährungswesens auf die fußballerische Leistungsfindung

Nein, diese Suppe ess’ ich nicht!

Fußballtrainer sind Fußballtrainer, weil sie viel mehr von der Materie verstehen als der normale Mensch, der auf der Tribüne, vor dem Fernseher oder am Stammtisch oberschlau daherredet, aber im Grunde keinen Schimmer hat, was sich auf dem Rasen eigentlich abspielt. Glaubt er doch, dass Erfolg oder Misserfolg von der Qualität der Spieler, taktischen Konzepten, mentaler und körperlicher Befindlichkeit sowie einer gewaltigen Portion Dusel abhängen. Das ist natürlich barer Unsinn – und gute Trainer wissen das.

Zum Beispiel Huub Stevens. Der schwebt derzeit auf einer Woge des Glücks. Seine Schalker gewinnen jedes Spiel, sogar gegen Gladbach, am Ende der Saison kann er endlich Gelsenkirchen samt Trainingsanzug adieu sagen und sich armanigewandet im Glanz der Hauptstadt sonnen, vorher darf er im Pokal-Halbfinale die Bayern gleich noch mal mit 5:1 putzen. Und woran liegt der plötzliche Leistungsschub seiner Schalker? Wilmots, Möller, Böhme, Mpenza, Sand? Weit gefehlt. Der Talkshowmangel macht’s. Die Herzensmeisterschaft ist bewältigt, keiner will mehr was von den Spielern, schon besinnen sie sich aufs Wesentliche und gewinnen wieder. Darauf muss man erst mal kommen.

Oder Ewald Lienen. Der Coach des 1. FC Köln ließ im Trainingslager in Marbella eine Suppe zurückgehen, weil ihm ihr Inhalt leistungsabträglich schien. Prompt gewann die Mannschaft im Pokal bei Hertha BSC. Die Berliner waren nämlich auch in Marbella und haben die Suppe vermutlich gegessen. Leider konnte Lienen seinen kulinarisch induziertenTriumph nicht mehr leibhaftig auf der Bank miterleben, weil er ein paar Tage vorher gefeuert worden war, nachdem man gegen die mutmaßlichen Suppenkasper von 1860 München verloren hatte.

Dafür verriet Kapitän Dirk Lottner weitere Details aus dem Kölner Ernährungswesen. Eine wesentliche Konsequenz des Trainerwechsels sei es, dass man jetzt beim Essen nicht mehr warten müsse, bis der Coach das Kommando zum Loslöffeln gibt. Das klingt logisch: Wie soll ein Spieler Initiative und Risikofreude auf dem Platz entwickeln, wenn er nicht mal Herr seines eigenen Tellerrandes ist. Und wie, mit Verlaub, soll er gar lernen, über diesen hinauszuschauen. Ein Jammer, dass die mahlzeitliche Liberalität des Kölner Interimsgourmets Christoph John gegen Kaiserslautern nicht belohnt wurde. So steigt die Gefahr für Lottner und Kollegen, dass es bald wieder Ärger gibt am Abendbrottisch. Zum Beispiel, wenn Pagelsdorf kommt – der futtert ihnen alles weg. Oder irgendein Lorant-Typ. Was dann gefressen wird, dürfte klar sein: nur noch Gras. MATTI LIESKE