Die Union beginnt zu resignieren

Konservative finden sich zähneknirschend mit der Homo-ehe ab. Nur Homofeind Norbert Geis (CSU) bleibt bockig

BERLIN taz ■ Die Union wird sich mit dem von Rot-Grün durchgesetzten Lebenspartnerschaftsgesetz zähneknirschend abfinden. Wie es am Freitag aus deren Kreisen hieß, warte man zwar weiterhin ab, wie das Verfassungsgericht in Karlsruhe über die unter anderem von Bayern angestrengte Normenkontrollklage entscheidet. Aber nachdem schon im Juli das konservative Ansinnen, die Wirksamkeit des Gesetzes bis zum letztgültigen Urteil per einstweiliger Anordnung zu stoppen, gescheitert war, rechnet man nicht mehr damit, dass das Reformwerk – das homosexuellen Lebenspartnern ein eigenes familienrechtliches Institut ähnlich dem der heterosexuellen Ehe, aber ohne Adoptionsrecht – gänzlich zu tilgen sein könnte.

Diese Einschätzung wird bereits im Herbst getroffen worden sein – als sowohl in der CSU- wie in der CDU-Zentrale registriert wurde, dass die ersten Homoehen selbst in ihnen nahestehenden Medien keine Entrüstung hervorriefen. Im Gegenteil: Der SPD-Wahlsieg Klaus Wowereits deutete an, dass mit einem antihomosexuellen Mobbing die politische Mitte für die Union nicht zurückzugewinnen ist.

Deshalb bekannte Edmund Stoiber nach seiner Berufung zum Kanzlerkandidat der Union eilends, dass er zwar – einen falschen Widerspruch formulierend – Ehe und Familie weiter fördern, aber Gesetze wie das zur Homoehe nicht wieder zur Disposition stellen wolle. Das könne man nicht mehr zurückholen. Im Gegensatz zu dieser Aussage stand sein Parteifreund Norbert Geis, rechtspolitischer Sprecher der Unionsfraktion.

Bis Ende des Jahres hatte Geis auf seiner Homepage noch ein krudes Pamphlet stehen, mit dem er schon vor Jahresfrist vergebens in seiner Fraktion hausieren ging, um auf dessen Basis Unterschriften für eine Klage in Karlsruhe zu sammeln – aber die Fraktion ließ ihn so gut wie allein, die Karlsruher Klage fand keine Unterstützung in der Bundestagsfraktion. Dennoch ließ Geis dieses Papier (wo zu lesen stand, Homosexualität sei eine „Perversion der Sexualität“) im Netz – zunächst.

Womöglich auf Druck seiner Parteizentrale in München – wo bereits die, gerade im Hinblick auf das Projekt „Die Union und die Neue Mitte“ einflussreicher gewordene, LSU („Lesben und Schwule in der Union“) vorstellig werden konnte – entfernte Geis den Text von seiner Selbstreklameseite. Sie habe lange genug gestanden, teilte er nun mit. Allerdings wurde er wegen dieses Textes bei der Staatsanwaltschaft Berlin angezeigt – u.a. wegen Volksverhetzung, Beleidigung und Verleumdung.

Die Staatsanwaltschaft hat die Anzeige nicht zur Einleitung eines Strafverfahrens nutzen wollen. Dagegen ist inzwischen Beschwerde eingelegt worden. Geis hat, so sagt er selbst, aus Bockigkeit diesen Text wieder auf die Website gestellt. Er werde aber, so oder so, teilte er der taz mit, das Gesetz nicht mehr bekämpfen, wenn Karlsruhe es für verfassungskonform erachte.

Die Karlsruher Richter haben noch keinen Termin für die mündliche Verhandlung mitgeteilt. Gerechnet wird mit einer Verhandlung noch im Frühjahr.JAN FEDDERSEN