Mit dem freigegebenen Peso gegen die Krise

Die argentinische Regierung stellt ihr Rettungsprogramm für die Wirtschaft vor: „extreme Sparpolitik“ und umstrittener Haushalt

BUENOS AIRES taz ■ Mit der Umstellung der gesamten Wirtschaft auf Pesos will der argentinische Wirtschaftsminister Jorge Remes Lenicov das Land aus der Krise führen. Er warnte jedoch vor übertriebenem Optimismus: „Es gibt keine magischen Rezepte.“ Schulden, Guthaben und private Verträge können ab Mittwoch auf dem internen Markt nicht mehr in US-Dollar gerechnet werden. Bis heute bleiben in Argentinien die Banken geschlossen, damit sie sich auf die neuen Maßnahmen einstellen können. Ab Mittwoch wird der Pesokurs gegenüber dem US-Dollar freigegeben.

Remes zeigte sich zuversichtlich, dass die Zentralbank mit 14 Milliarden Dollar Devisenreserven den Peso vor einem Absturz bewahren kann. Durch die Abwertung rechnet Remes zudem mit einem Handelsbilanz-Plus von 12 Milliarden Dollar in diesem Jahr. Um die Inflation nicht anzuheizen, hat die Regierung beschlossen, im laufenden Jahr maximal 3,5 Milliarden neue Pesos in dem Umlauf zu bringen.

Heute wird die Regierung den Haushaltsentwurf für das laufende Jahr dem Kongress vorlegen. Remes sprach von einer extremen Sparpolitik und will das Haushaltsdefizit für 2002 auf maximal 3 Milliarden Pesos herunterdrücken. Nur im Bereich der Sozialpolitik kündigte Remes keine Kürzungen an. So stünden 1 Milliarde Pesos als Arbeitslosenunterstützung bereit. 350 Millionen Pesos fließen in einen Fonds, der die Ernährung der armen Bevölkerungsschichten gewährleisten soll, zudem will die Regierung die Versorgung der staatlichen Krankenhäuser mit den nötigsten Medikamenten sicherstellen. Für das Jahr 2003 kündigte Remes eine Steuerreform an. Es könne nicht sein, „dass die, die am meisten haben, am wenigsten zahlen“, so der Minister.

Seit vier Jahren steckt Argentinien in einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise. „Ein großer Teil der Dinge, die uns passieren, ist unsere eigene Schuld“, sagte Remes, da Argentinien viele Jahre lang auf Pump gelebt habe. Kurz vor Weihnachten musste die Regierung die Zahlungsunfähigkeit für die öffentlichen Schulden anmelden. Allein der Zentralstaat steht mit 141 Milliarden Dollar in der Kreide, das entspricht fast dem Bruttoinlandsprodukt des vergangenen Jahres. Im Jahr 2001 hat Argentinien 20 Milliarden Dollar an Reserven verloren, weitere 18 Milliarden Dollar wurden aus Bankdepots abgezogen. Außerdem sind die Investitionen im Vergleich zum Vorjahr um 46 Prozent zurückgegangen. Gegenwärtig leben in Argentinien 15 der 36 Millionen Einwohner unterhalb der Armutsgrenze, rund 4,5 Millionen sind arbeitslos oder unterbeschäftigt.

Der Ökonom Eduardo Conessa kritisierte das neue Programm von Remes als „rezessiv“, da die Regierung die Kontenbeschränkungen nicht komplett aufgehoben habe. Auch kritisierte er, dass der Staat den Banken eine Ausgleichszahlung für die Umwandlung der Dollarschulden in Pesos leistet. Dieser Ausgleich belaufe sich nach Berechnungen des Ökonomen auf über 20 Milliarden Dollar. „Damit werden private Verluste auf die Gesellschaft abgewälzt“, so Conessa. INGO MALCHER