Schröder vertraut Bush

Der Kanzler rechnet bei einem Krieg mit dem Irak damit, dass zuvor die Alliierten konsultiert werden

von JENS KÖNIG
und ERIC CHAUVISTRÉ

Die Worte führender US-Politiker in Richtung Irak waren in den letzten Tagen deutlich, die Reaktionen der Bundesregierung darauf gestern eher verhalten. Am Morgen nach der Münchener Sicherheitskonferenz kritisierte der grüne Staatsminister im Auswärtigen Amt, Ludger Volmer, im ZDF-Frühstücksfernsehen die Haltung der USA gegenüber dem Irak noch deutlich. Er machte zwar kein Hehl daraus, dass er den Irak in seiner gegenwärtigen Verfassung für einen „üblen Staat“ hält. Aber das könne keine Rechtfertigung dafür sein, das Regime von Saddam Hussein militärisch zu eliminieren.

Schon ein paar Stunden später relativierte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts diese recht unverblümte Kritik. Volmer habe sich nur auf Äußerungen einzelner amerikanischer Politiker bezogen und dazu einen „Debattenbeitrag“ geleistet. Es bleibe bei der Haltung der Bundesregierung, die Schröder nach seinem Besuch bei George W. Bush am vergangenen Donnerstag deutlich gemacht habe: Es verstehe die Angriffe des amerikanischen Präsidenten Richtung Irak lediglich als eine rhetorische Äußerung. Da es keine konkrete militärische Planung gebe, gebe es auch keinen Anlass zur Kritik.

Der Kanzler gab sich auch in einem gestern verbreiteten Interview mit dem US-Nachrichtenmagazin Newsweek betont gelassen. Über einen Alleingang der USA sei er nicht besorgt. „Ich meine, dass die Alliierten sehr wohl konsultiert werden.“

Die Aufgabe des Kritikers in der rot-grünen Koalition übernahm dann am Nachmittag wieder eine grüne Politikerin, die Parteivorsitzende Claudia Roth. Ganz undiplomatisch warnte sie die USA vor einem „Säbelrasseln“ und einem „Spiel mit dem Feuer“. Es sei nicht der richtige Weg, den Amerikanern hinterherzurennen und eine neue Runde des Wettrüstens einzuleiten. „Ich würde einen Angriff auf den Irak strikt ablehnen“, sagte Roth. Außerdem würde ein solcher Militärschlag den Zusammenhalt der Anti-Terror-Koalition, zu der auch Deutschland gehöre, gefährden. „Die USA können nach dem 11. September nicht mehr allein handeln“, sagte die grüne Parteichefin.

Das sieht man in Washington offenbar anders. Richard Perle, einer der wichtigsten Berater von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, sagte der Financial Times Deutschland, die US-Regierung sei entschlossen, Saddam Hussein mit Gewalt aus dem Amt zu vertreiben. Im Zweifelsfall würde dies auch gegen den Willen der europäischen Verbündeten gemacht. „Ich denke, es gibt nichts, was Saddam Hussein tun könnte, um uns zu überzeugen, dass vom Irak keine Gefahr ausgeht“, sagte Perle weiter.

Auch der türkische Ministerpräsident Ecevit machte deutlich, dass die rhetorische Aufrüstung Bushs und seiner Berater offenbar nicht nur für den anlaufenden amerikanischen Wahlkampf bestimmt war. Der bislang gegenüber dem Irak eher zurückhaltende Regierungschef forderte Saddam Hussein auf, die UN-Waffenkontrolleure unverzüglich ins Land zu lassen. Der Irak sehe sich einer „großen Gefahr“ gegenüber, schrieb Ecevit in einem Brief an Saddam Hussein. „Wenn die Lage nicht sehr ernst wäre, hätte ich diese Mahnung nicht als zwingend angesehen.“ In Ankara scheint man die Drohungen gegen das Nachbarland Irak ernster zu nehmen als im fernen Berlin.