Klaus-Peter im Maßanzug

■ KPS baut sich am Herdentor einen prächtigen Firmensitz. Zwischen Zitronenhainen und Bambuswäldern wird dort bald im Grünen gearbeitet

Noch sprießt hier nur zartes Gras, doch Bebauung und Neubepflanzung des Dreiecks zwischen Herdentorsteinweg, Neuer Contrescarpe und den südlichen Wallanlagen rücken langsam in greifbare Nähe. Wie wohl die spitzen Winkel gefüllt werden?, fragt sich der praktisch denkende Journalist und erfährt von Hadi Teherani, dem zukünftigen Architekten: „Wir wollen nicht alle Quadratmeter bepacken, sondern ordentlich Luft lassen.“ Aber drei- bis vierhundert Arbeitsplätze seien für die neue Europazentrale des KPS-Konzerns schon vorgesehen.

Hier verbirgt sich der politische Kern der Bebauung. Denn die Schaffung von zusätzlichen Arbeitsplätzen in Bremen (per Abzug der Unternehmenszentrale aus München) war die Bedingung, unter der Klaus-Peter Schulenberg vor zwei Jahren den Zuschlag für das Sahnestückchen erhielt. Damals wollte auch der Logistiker „eurogate“ das exponierte Gelände bebauen, zog bei der „Bremer Investitionsgesellschaft“ (BIG) jedoch den Kürzeren.

Die weiteren Bedingungen seitens der Stadt für KPS: Begrenzung des Gebäudes auf sechs Stockwerke (plus Erdgeschoss) und die Einbeziehung einer fünfköpfigen Jury (der Detlef Kniemeyer als Stadtplanungschef angehörte) in die Entwurfsauswahl. Aber man sei sich ohnehin sehr schnell einig gewesen, BRT aus Hamburg (Bothe, Richter, Teherani) zu beauftragen, berichtet Bauherr Schulenberg, der 15 bis 20 Millionen Euro investieren will.

Mit Teherani kommt ein Architekt zum Zuge, der „Bäume im Gebäude“ zu seinem Markenzeichen gemacht hat. Die liegen im Trend der „gestapelten Gartenstädte“, die seit ein paar Jahren als Zukunft urbanen Bauens gelten. Ob DuMont-Verlag in Köln oder der holländische Pavillon auf der Expo – das Ineinander von Natur und Gebäude ist begehrt. Jüngstes Beispiel Teheranis – um vom ICE-Bahnhof am Frankfurter Flughafen lieber zu schweigen – ist das Doppel-X am Hamburger Heidkampsweg, dass Architektur-Kritiker in Lobeshymnen dahinschmelzen ließ („Neuerfindung des Bürohauses“). Die futuristischen Fantasien der Sechziger standen Pate, Vertical Cities“ heißt sowas auf Architekturdeutsch – im Fall der dreieckigen KPS-Zentrale könnte man auch schlicht von einem englischen Sandwich sprechen.

Teherani drückt sich wiederum gewählter aus: Einen „Maßanzug für den jeweiligen Ort“ zu schneidern, sei seine Philosophie, überdies „kommunikativ, ökologisch und emotional“ zu bauen. Sein Entwurf für die Contrescarpe sieht drei große Wintergärten vor, deren mittlerer – das „Fenster zur Stadt“ – immerhin drei Stockwerke hoch ist.

Die Gärten verteilen sich auf die Dreiecksseiten, so dass Teherani fest mit naturthermischen Effekten rechnet. Von der jeweils sonnenbeschienenen Seite aus soll die erwärmte Luft nach oben ziehen und so für eine automatische Belüftung der Büroräume sorgen. Und wenn die Sonne – schließlich sind wir in Bremen – gar nicht erst auftaucht? „Dann müssen die Angestellten unten ihre Fenster öffnen und warme Luft rauslassen“, erklärt der Architekt.

Weitere ökologische Akzente: Wasserschläuche in den massiven Betonmauern um thermische Speicherkraft zu nutzen, ein wegziehbares Mitteldach: Die Standards eines Niedrigenergiehauses erreicht der Bau nicht, die Hälfte der üblichen Heizkosten wird Teherani zufolge aber eingespart. Für Lärmschutz sorgt eine gläserne Doppelfassade.

Kommentar des scheidenden Stadtplanungschefs Kniemeyer: Ein „Quantensprung“ in der Entwicklung des Siemensviertels sei erreicht, zu der auch der Neubau der Haltestelle „Herdentorsteinweg“ gehöre. Die „gut gemeinten Entwicklungen“ aus den 60ern seien in ihrer „Zerissenheit“ wenig stadtverträglich gewesen. „Stadt ist Haus an Haus“, definiert Kniemeyer seine Vorstellungen, und mit der Bebauung des Contrescarpe-Grundstücks gebe es jetzt wieder „ein wenig mehr Stadt“. Der geplante Neubau könne als „selbstbewusste Architektur“ mit „ruhiger Außenwirkung“ auch gegen des massive „Haus des Reichs“ bestehen. Und innen? Dort gebe es „halb-öffentliche“ Räume, sagt Kniemeyer mit Blick auf die Wintergärten. Die werden allerdings nur über geschlossene Treppenhäuser zu erreichen sein, so dass sich die nicht KPS-besuchende Öffentlichkeit wohl doch eher auf das geplante Café mit Blick auf die Wallanlagen oder mit den Arkaden-Geschäften begnügen muss.

Wann soll das Ganze stehen? „Asap“, antwortet Schulenberg gutgelaunt, „as soon as possible“. 12 bis 15 Monate wird es wohl mindestens dauern, bis zwischen Zitronenhainen und Bambuswäldern neue Musicals und Ticketgeschäfte geplant werden. Henning Bleyl