Du bist nicht allein!

■ Die ehemalige „Eric's Trip“-Bassistin Julie Doiron spielt Lo-Fi-Musik, die dein Freund sein will

Julie Doiron mag Hunde. Sie mag ihre Kinder. Sie mag akustische Gitarren und sie mag es gerne ein wenig traurig. All das ist nicht schwer zu folgern aus den Liedern und Covern ihrer Platten. Denn es sind keine Platten, die Rätsel aufgeben, sondern Platten die schnell sagen, was sie wollen: Sie wollen dein Freund sein. Sie wollen bei dir sein, wenn niemand sonst bei dir ist. Loneliest in the Morning heißt 1997 die erste LP, die Julie Doiron unter eigenem Namen veröffentlicht. Das ist keine Platte, die diese morgendliche Einsamkeit vertreibt, zumindest nicht unmittelbar. Mittelbar dann aber doch.

Nämlich dadurch, dass sie Einsamkeit illustriert und sich darin solidarisch zeigt. Es sind karge, selbstgenügsame Lieder, die einem da zurufen: Du bist nicht allein! Dazu genügt eine akustische Gitarre und Julies unscheinbar warme Stimme; schon eine Slide-Guitar und ein Hauch Schlagzeug werden da zum luxuriösen Ornament. Dabei hat die Musik nichts von der klaustrophobischen Verzweiflung einer Chan Marshall (alias Cat Power), die so oft voreilig zum Vergleich bestellt wird. Eher ruht sie ohne einen Tropfen Selbstmitleid, geradezu zufrieden in der Gewiss-heit, dass Traurigkeit immer Teil von Julie Doirons Leben sein wird. Und das auch gut so ist.

So deutlich war das aber nicht immer. Als 18-Jährige spielte Julie Doiron bei Eric's Trip, einer kanadischen Indie-Gitarrenband irgendwo zwischen dem Lo-Fi-Loser-Folk Sebadohs und den wirbelnden Post-Punk-Eruptionen der zweiten Squirrel Bait-Platte. Eric's Trip gelang dabei das Kunststück, im selben Stück die Elektrizität einer Hardcore-Band mit der unmotivierten Schlaffheit eines verkaterten Sonntagvormittags zu kreuzen. Das lag daran, dass jedes auch noch so energische Gitarrenriff von einer weichen Slackerstimme neutralisiert wurde.

Vermutlich wurde die Band gerade dieser eigenwilligen Gegensätzlichkeit wegen zu einem der beliebtesten Exportartikel der eher armen kanadischen Provinz New Brunswick. Mit langen Haaren und oft lauten Gitarren passte die Band damals gut zum Sub Pop-Label, das auch prompt ihre Platten veröffentlichten. Schon wenig später wurden Eric's Trip zum Konsens-Soundtrack sensibler Indie-Rock-Partys. Entsprechend groß war das Entsetzen, als die Band nach ihrem 1996er Album Purple Blue verkündete, die Segel zu streichen.

Da war es Balsam auf die Wunden der Fans, dass beinahe jedes der vier Mitglieder inzwischen ein eigenes Soloprojekt ins Leben gerufen hatte. Im Fall von Julie Doiron hieß dieses zunächst Broken Girl. „Ich spiele zu meinen eigenen Songs gerne selbst die Gitarre – und leider waren viele der Songs die ich schrieb, viel zu schwächlich für Eric's Trip“, erklärt Julie das Entstehen ihres Eine-Frau-Projekts. Dass sie niemanden für ihre Musik braucht, bewies sie gleich in doppelter Hinsicht: Die ersten Veröffentlichungen ihrer Solunternehmungen veröffentlichte sie auf ihrem eigenen Label, Sappy. Heute kümmern sich die guten Menschen von Jagjaguwar und Secretly Canadian, die uns unter anderem schon Songs: Ohia gaben, um Julies Platten. Um die Musik kümmert sie sich nach wie vor selbst, gemeinsam mit einer akustischen Gitarre und – inzwischen – vielen französischen Texten.

Den Abend in der atmosphärisch möglicherweise genau richtigen, wahrscheinlich aber einmal mehr viel zu kleinen Astra-Stube eröffnen Doirons Label-Kollegen Manishevitz, ein Quintett aus Chicago, das sich der orchestralen Popmusik im Sinne von Van Dyke Parks oder Robert Wyatt verschrieben hat, wie es heißt. Gregor Kessler

Dienstag, 21.30 Uhr, Astra-Stube