Begraben in Friedrichsfelde

Ein Wettbewerb soll die Diskussion zur Gestaltung des neuen Rosa-Luxemburg-Denkmals eröffnen. Sicher ist nur: Ein Remake der 1926 von Mies van der Rohe geschaffenen Skulptur wird es nicht geben

von SAMI KHATIB

Die Westberliner haben es schon schwer in diesen Tagen: Erst will man ihnen ihr Universitätsklinikum Benjamin Franklin wegnehmen, und dann wollen die Postkommunisten ausgerechnet der Rätekommunistin Rosa Luxemburg ein neues Denkmal bauen. Sowohl im Koalitionsvertrag von SPD und PDS als auch vom neuen PDS-Kultursenators Thomas Flierl wird der Bau eines Denkmals zu Ehren Luxemburgs politisch gefordert.

Nach Aussage von Flierl wird das Denkmal auf dem gleichnamigen Platz neben der Volksbühne im Bezirk Mitte entstehen. Ein offener künstlerischer Wettbewerb soll Ergebnisse zur künftigen Gestaltung bringen. Klar ist offenbar auch, dass das Denkmal kein Remake der 1926 geschaffenen Backsteinplastik von Ludwig Mies van der Rohe werden wird, ist doch ein Wiederaufbau aus mehren Gründen fraglich.

Zum einen schwelt seit Jahren ein ungelöster Rechtsstreit zwischen den Erben Mies van der Rohes um die Rechte an den Mies-Planungen. Zum anderen gibt es Zweifel an der technischen Machbarkeit des Bauwerks. Zwar existieren Fotos von der Vorderseite und Grundrisszeichnungen, die derzeit in der Mies-Ausstellung im Alten Museum zu sehen sind. Es fehlten allerdings detaillierte Konstruktionszeichnungen des Denkmals, gibt Andres Lepik von den Staatlichen Museen zu Berlin zu bedenken. Neben den noch heute bestehenden Gedenkorten in Friedrichsfelde und Tiergarten ist das ursprüngliche Denkmal aus den 20er-Jahren in Vergessenheit geraten. Dabei bewies die damalige KPD, dass Heldenverehrung durchaus Stil haben kann. So erging 1926 der Auftrag für ein Denkmal zu Ehren der Opfer der Novemberrevolution an den Architekten Ludwig Mies van der Rohe. Die abstrakte Skulptur aus ineinander verschachtelten Kuben zog einiges Aufsehen auf den Friedhof Berlin-Friedrichsfelde. Als kommunistische Pilgerstätte war der quaderartige Klinkerbau nur durch einen großen Spartakistenstern mit Hammer und Sichel zu erkennen.

Er fand allerdings keine ungeteilte Zustimmung unter seinen Zeitgenossen: Weigerten sich erst die damaligen Kruppwerke, ein kommunistisches Symbol herzustellen – der fünfzackige Stern musste in fünf Rauten bestellt werden –, so rissen ihn die Nazis bereits 1934/35 wieder ab.

Nach dem Zweiten Weltkrieg hat es immer wieder Pläne zur Rekonstruktion dieses ambitionierten Baus gegeben, die allerdings nie ausgeführt wurden. Bereits 1945 gab es einen Magistratsbeschluss, nachdem alle von den Nazis zerstörten oder geschändeten Denkmäler wiederaufgebaut werden sollten. Ein Jahr später hielt die KPD sogar wieder eine Gedenkdemonstration vor dem provisorisch nachgebildeten Denkmal ab. Doch statt des Wiederaufbaus der Mies-Denkmals entschied die SED-Führung sich 1951 für eine monumentale „Gedenkstätte der Sozialisten“ als offizielle Gedenkstätte der DDR.

Auch in Westberlin gab es Stimmen, die Mies-Skulptur wieder aufzubauen. So wurde 1968 anlässlich der Fertigstellung der Neuen Nationalgalerie gefordert, ein Luxemburg-Denkmal am Landwehrkanal zu errichten – an der Stelle, wo die Revolutionärin ermordet wurde. Es kam sogar zu einem symbolischen Spatenstich. Ein Denkmal mit Sowjet–zeichen war für das damalige Westberlin aber zuviel verlangt. Im Übrigen: Mies van der Rohe wollte damals von den „alten Klamotten“ vergangener Tage nichts mehr wissen.