Die Einladungen kommen jetzt pünktlich

Als Profimannschaft der Kategorie GS2 hat es das Team Nürnberger nicht immer leicht, beachtet zu werden

BERLIN taz ■ Noch im alten Jahr sah mancher Insider schwarz für die neue Radsportsaison. Hans-Michael Holczer etwa sagte schon im August für anno 2002 ein munteres Hauen und Stechen um die besten Startplätze voraus; es stehe zu befürchten, so der Team-Manager von Gerolsteiner, „dass sich die Situation für die Mannschaften ab Platz 31 nochmal dramatisch verschlechtert“. Der Sprudelhersteller aus der Eifel zog für seine Sportgruppe die Konsequenz: Mit einer deutlichen Erhöhung des Etats und der Verpflichtung des Weltranglisten-Dritten Davide Rebellin samt italienischer Adjutanten und entsprechender Punkte gelang der Sprung in die Group Sportife 1, kurz: GS1. Der gehören ab sofort 30 (statt wie bisher 22) Mannschaften an, darunter als weitere deutsche Mannschaften Telekom und Coast.

Die Konkurrenz vom Team Nürnberger, das neben Gerolsteiner lange als potenzieller GS1-Anwärter galt, lässt die Aufrüstung und Neuordnung hingegen relativ kalt – obwohl die radelnde Werbetruppe des besonnen kalkulierenden Versicherungskonzerns jenseits Platz 31 notiert ist und auch in dieser Saison mit dem Stigma GS2 an den Start gehen muss. Zur Zuversicht beigetragen haben nicht nur die 23 Saisonsiege, die das Team im letzten Jahr u. a. bei der Friedensfahrt herausfuhr. Auch die Post, die Uwe Raab noch im alten Jahr öffnen durfte, war nach diesen Erfolgen oft erfreulichen Inhalts. „Wir haben früher denn je Zusagen für Rennen bekommen“, freut sich der Sportliche Leiter von Nürnberger. Darunter auch für die Mallorca-Rundfahrt, die heute mit der Etappe von Magaluf nach Palmanova endet. Zwar tummelten sich die „Nürnberger“ bisher mit Ausnahme eines achten Platzes von Armin Kroninger auf der Eröffnungsetappe eher im Feld, doch allein die vorzeitige Einladung, so Raab, belege den gestiegenen Stellenwert seiner Truppe. „Die kam letztes Jahr erst ein paar Tage vorher“, erinnert er sich.

Illusionen über den Platz von Nürnberger im Profi-Radsport macht sich der ehemalige Telekom-Profi gleichwohl nicht. „Fakt ist, dass man aus dem GS2-Bereich überhaupt kein Mitspracherecht hat bei irgendwelchen Entscheidungen“, sagt Raab. Zwar wird der begehrte GS1-Status durch die Aufstockung der Teams eher entwertet, dafür wurde zur neuen Saison ein „Top Ten“-Club installiert, in dem die zehn besten Sportgruppen, darunter auch das Team Telekom, über die Entscheidungsgremien des Radweltverbands UCI ihre Pfründen sichern. „Bei richtig hochwertigen Rennen haben wir kaum die Möglichkeit mitzufahren“, weiß Raab. „Da sind die Großen unter sich. Obwohl die Würze im Sport ja oft durch Außenseiter kommt, die dann auch mal gewinnen oder zumindest das Rennen interessant machen können.“

Das hat zum Beispiel ein erfahrener Nürnberger-Profi wie Thomas Liese in der letzten Saison immer wieder erfolgreich versucht. Der Zeitfahrspezialist rangiert in der aktuellen Weltrangliste noch vor gestandenen Telekom-Profis wie Udo Bölts und Steffen Wesemann; und Nürnberger-Mann Werner Riebenbauer trug in der Murcia-Rundfahrt immerhin das gelbe Führungstrikot. Dennoch wird ein Team wie Nürnberger in der öffentlichen Wahrnehmung nach wie vor kaum gebührend gewürdigt, während jede Marginalie in Sachen Jan Ullrich zum Staatsakt aufgeblasen wird.

Was bleibt da für die vermeintlich Kleinen? Weiter fahren, weiter siegen. „Wir wollen auch in der neuen Saison durch gute Ergebnisse auf uns aufmerksam machen“, sagt Raab und hofft dabei auf Schützenhilfe durch die höhere UCI-Einstufung der nationalen Rundfahrten (Deutschland-Tour etc.), bei denen das Team Nürnberger als Mannschaft mit hiesigem Geldgeber durchweg am Start stehen darf. „Bisher haben die ersten 10 Fahrer Punkte bekommen, jetzt sind es die ersten 15. Das kann für uns schon besser sein“ –und den einen oder anderen Punkt mehr in der Jahresendabrechnung bringen, die „ja auch der Maßstab für den Sponsor ist, wie dann weitergemacht wird“.

Vielleicht fährt also auch beim Team Nürnberger irgendwann ein teurer Topmann aus dem Ausland, auch wenn der nicht so viel Identifikationspotenzial mitbringt wie ein deutscher Velo-Heroe? Uwe Raab: „Es ist schon von Vorteil, wenn man auch namhafte Leute hat.“

JÖRG FEYER