Kleinholz in Las Vegas

Wenn Chris Tucker mit den Augen rollt, muss Jackie Chan schmunzeln. Wenn Chan losschmunzelt, rollt Tucker irgendwann mit den Augen. Ansonsten gilt in „Rush Hour 2“ das Kung-Fu-Prinzip des Hau-drauf-und-Schluss: Nach der finalen Schwertschlacht kommt der Kuss zur Völkerverständigung

Erst kommt die Paarung, dann die Serie. Nick Nolte und Eddie Murphy haben sich in den beiden „48 Stunden“-Filmen aneinander gewöhnt, und auch Mel Gibson ist mit Danny Glover in „Lethal Weapon“ schon seit einigen Jahren zusammen. Jetzt hat Hollywood mit Jackie Chan und Chris Tucker noch ein Paar gefunden, dessen Ethnomischung ziemlich perfekt ins Weltbild der Jahrtausendwende passt: der schüchterne Asiate und das afrikanisch-amerikanische Großmaul.

Der eine mag die Beach Boys, der andere steht auf Michael Jackson; der eine isst am liebsten Chinese Takeaway, der andere Roasted Chicken; der eine wünscht sich mehr Respekt gegenüber den asiatischen Kulturen, der andere flucht oft, weil Schwarze noch immer nicht gleichberechtigt behandelt werden in den USA. Ansonsten aber fühlen sich beide in Sportwagen oder Armani-Anzügen am wohlsten, beide verstehen einiges von Kung-Fu und beide sind Polizisten aus Leidenschaft.

Das alles konnte man bereits 1998 im ersten „Rush Hour“-Film von Brett Ratner begutachten: Wenn Chris Tucker wütend mit den Augen rollt, muss Jackie Chan schmunzeln; und wenn Chan erst einmal richtig losschmunzelt, dann rollt auch Tucker irgendwann ganz bestimmt mit den Augen. Danach erledigen sie ebenso gut gelaunt und munter mit orthopädisch korrekten Kung-Fu-Schlägen, Tritten oder dergleichen Rumpfbeugen seelenlose Kindesentführer und mächtige Kunstdiebe. Oder eben Dollar fälschende Hongkonger Triadengangs wie in „Rush Hour 2“.

Das ist vielleicht eine etwas einfältige Formel, die aber 90 Kinominuten lang immer wieder lecker mit Handlung aufgeschäumt wird und entsprechend Hau-drauf-und-Schluss funktioniert. Als das Falschgeld in einem Las-Vegas-Spielcasino unter die Leute gebracht werden soll, gibt es eben Kleinholz am Strip. Doch davor kommt es noch zu allerlei ausgeklügelter Bambusrohrakrobatik und zerdepperten Massagesalons; Jackie Chan darf beim Fight mit einem halben Dutzend Mafiahandlangern in einem Sessel rotierend Kopfnüsse verteilen, und Tucker singt in einem Karaoke-Club besser als Michael Jackson.

Mit der Zeit werden zwar die Verbindungen immer undurchsichtiger – der schon im Hafen von Hongkong erschossene Gangsterboss Ricky Tan sitzt plötzlich im Chefsessel des Casinos und eine Secret-Service-Agentin trägt irgendwelche streng geheimen Immobiliengeschäfte in ihrem BH –, zum Finale lösen sich alle Widrigkeiten jedoch in einer schnell choreografierten Schwertschlacht auf. Und in den Trümmern des explodierenden Casinos. Zur Völkerverständigung erhält Chan sogar einen zarten Abschiedskuss von einer Puerto-Ricanerin aus New York. Dort wird folglich auch der dritte Teil von „Rush Hour“ spielen, der für 2004 angesetzt ist. Wie gesagt, aus so viel Hip-Hop-Clownerei und Martial-Arts-Schmonzes lässt sich actiontechnisch noch eine Menge machen.

HARALD FRICKE

Rush Hour 2; Regie: Brett Ratner. Mit Jackie Chan, Chris Tucker u. a., USA 2001, 90 Min.