ARGENTINIENS PRÄSIDENT DUHALDE WAGT ZU WENIG REFORMEN
: Konkurrenzloses Scheitern

Der argentinische Präsident Eduardo Duhalde setzt auf das Prinzip der Wiederholung. Unermüdlich spricht er von einem „neuen Wirtschaftsmodell“, betont die soziale Gerechtigkeit und seinen Beschluss, mit dem er die neoliberale Ära in Argentinien beendet habe. Nur: Taten, die all das beweisen würden, sind nicht zu erkennen.

Das einzig Konkrete, was Duhalde bislang anzubieten hat, ist die Abwertung der Landeswährung Peso. Damit kann der Staat wieder eine eigene Geldpolitik betreiben. Aber statt den Peso frei floaten zu lassen, wäre ein fester Wechselkurs wesentlich verlässlicher gewesen – doch dagegen hat der Internationale Währungsfonds erfolgreich interveniert. Die Abwertung des Pesos war längst überfällig, aber sie allein reaktiviert noch nicht die Wirtschaft. Ein schlüssiges Programm, bei dem der Staat regulierend in die Wirtschaft eingreift und Konsum und Nachfrage schafft, hat Duhalde noch nicht einmal versucht. Seine Rechnung ist einfach: Mit einer billigeren Währung sinken die internen Kosten, es steigen die Exporterlöse, und fertig ist der Aufschwung. Der Markt regele das schon von allein. Doch solche Konzepte sind weit entfernt von einem „New Deal“, wie ihn Argentinien im Moment brauchte.

Dabei scheint es finanziellen Spielraum zu geben. Denn an anderer Front entlastet Duhalde Konzerne und Banken auf Kosten des Staates. Mit der Umwandlung der privaten Dollarschulden im Verhältnis eins zu eins hat er den großen Unternehmen ein dickes Geschenk gemacht, da sich ihre Schulden damit faktisch halbierten.

„Links blinken, rechts abbiegen“ ist die Strategie der peronistischen Partei seit ihrer Gründung. Da fügt sich Duhalde bestens ein. Sein Peronismus ist ein hohler nationalistischer Diskurs, der den argentinischen Arbeiter verehrt und den Unternehmern den sozialen Frieden garantiert.

Nur auf der Straße scheint sich gegen diese Politik etwas zu regen. Vor allem die Arbeitslosengruppen bleiben standhaft in ihrem Protest gegen ein Wirtschaftsmodell, bei dem sie hinten runterfallen. Schließlich haben sie kaum etwas zu verlieren. Es ist davon auszugehen, dass sie sich nicht mit den Almosen und Sonntagsreden Duhaldes zufrieden geben. Sie werden gegen den übermächtigen Gegner kämpfen. Und die Bürger der Mittelschicht, die bislang vehement mit den Arbeitslosen demonstrierten? Sobald sie ihre Ersparnisse von der Bank abheben dürfen, werden sie ihre Töpfe und Suppenlöffel nicht mehr zum Protestieren, sondern wieder zum Kochen verwenden. Das Drama ist, dass es zu Duhalde keine ernsthafte Alternative gibt. Die politischen Perspektiven Argentiniens sind düster. INGO MALCHER