Scharon will Arafat isolieren

Israels Ministerpräsident trifft heute US-Präsident Bush in Washington. Themen sind Irak, Iran, Syrien und der Palästinenserpräsident. Bei dessen Isolierung wird Washington jedoch nicht mitmachen

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

Iran und die Palästinenser sind die beiden zentralen Themen auf der Agenda des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon bei seinen Gesprächen mit US-Präsident George W. Bush in Washington, die heute stattfinden sollen. Scharon hofft darauf, die Amerikaner davon überzeugen zu können, dass nur verstärkter Druck auf Palästinenserpräsident Jassir Arafat zu einer Beruhigung der Lage führen wird. Scharon hält an einer Isolierung Arafats fest und schlägt alternativ vor, mit anderen palästinensischen Politikern zu verhandeln. Er selbst traf sich bereits in der vergangenen Woche mit führenden palästinensischen Politikern. In Bezug auf den Iran geht es Israel vor allem ein Ende der Präsenz iranischer Revolutionswächter im Libanon. Scharon fordert zudem, die dort stationierten Langstreckenraketen abtransportieren zu lassen.

Die neue israelische Strategie, Arafat bei Gesprächen zu umgehen, erinnert an den Beginn des Friedensprozesses 1991 in Madrid. Damals galt in Israel ein Gesetz, das Staatsbürgern jeden Kontakt mit PLO-Mitgliedern verbot. Die Regierung unter Jitzhak Schamir lehnte direkte Verhandlungen mit der PLO-Führung ab. Stellvertretend reiste Feissal Husseini nach Madrid. Zu einem Vertrag kam es indes erst zwei Jahre später bei Geheimverhandlungen mit der PLO.

Genau wie vor gut zehn Jahren sind die palästinensischen Delegierten auch heute bei jeder Entscheidung an vorherige Absprachen mit dem Palästinenserführer gebunden. Ein Übergehen Arafats ist reine Fiktion. Die Amerikaner signalisierten bereits, dass er der „gewählte Vertreter des palästinensischen Volkes ist“, so der Nahost-Abgesandte William Burns bei Gesprächen in Kairo. „Wir werden weiter zusammen mit beiden Seiten arbeiten,“ fügte Burns hinzu. Allerdings hält die Führung in Washington an einer Reihe von Bedingungen fest, darunter die Verhaftung dreier Palästinenser, die für den versuchten Waffenschmuggel auf der „Karine A“ mitverantwortlich gemacht werden, sowie die Festnahme von 33 der Mittäterschaft an Attentaten verdächtigen Palästinensern. Arafat kritisierte unterdessen, dass Scharon bereits zum vierten Mal innerhalb eines Jahres im Weißen Haus empfangen wird. Damit würde die US-Regierung signalisieren, dass sie die israelischen Angriffe auf die palästinensische Führung unterstütze.

Im Vorfeld seiner Reise hatte Scharon erneut „schmerzhafte Kompromisse“ in Aussicht gestellt. Dem Ministerpräsidenten schwebt eine verlängerte Interimsphase vor, in der bereits ein Palästinenserstaat ausgerufen werden soll. Palästinensischen Berichten zufolge ist Arafat zu einer Staatsgründung auf einem Teilgebiet nur bereit, wenn schriftlich festgehalten wird, dass die weiteren Verhandlungen über eine endgültige Lösung auf der Basis der Grenze vom 4. Juni 1967 geführt werden. Die Israelis bevorzugen die Formulierungen der UN-Resolutionen 242 und 338, in denen von „Land gegen Frieden“ die Rede ist.

Während die USA auch mit Blick auf die nächste Stufe im „Krieg gegen den Terror“ den Forderungen Scharons nach einer Isolierung Arafats nicht nachkommen werden, zeichnet sich ab, dass der israelische Regierungschef mit Blick auf den Iran offene Türen einrennen wird. Die Ausführungen Bushs über den Iran als ein den Terror unterstützendes Land, das zudem versucht, in den Besitz von Massenvernichtungswaffen zu kommen, stieß in Israel auf große Genugtuung. Bei den Gesprächen in Washington wird es neben der iranischen Präsenz im Libanon um die Kooperation zwischen Teheran und den Palästinensern gehen sowie um die jüngsten iranischen Drohungen gegen Israel. Scharon schwebt ein regionaler Kooperationspakt mit den USA vor. Dabei geht es auch um Druck auf die syrische Führung und Maßnahmen gegen in Syrien agierende palästinensische Gruppen.

Die nächste Stufe im „Krieg gegen den Terror“ war bereits Thema bei Gesprächen zwischen Verteidigungsminister Benjamin Ben-Eliesar und US-Außenminister Colin Powell diese Woche. Die Möglichkeit eines Angriffes auf den Irak ins Auge fassend, bat Ben-Eliesar um eine Vorwarnung, „um die notwendigen Vorbereitungen treffen zu können“. Israel hält es für möglich, dass es im Falle eines solchen Angriffs „zu den ersten Zielen“ Saddam Husseins gehören kann. Darauf angesprochen, wie Israel reagieren würde, antwortete Scharon diese Woche: „Es ist unser Recht, uns zu verteidigen.“ Es werde keine Zugeständnisse geben, sobald die Sicherheit Israels bedroht sei.