Proteste gegen Verhaftungen im Kosovo

Ex-UÇKler wenden sich gegen die Festnahme einstiger Kampfgenossen und drohen der internationalen Gemeinschaft

SPLIT taz ■ Veteranen der ehemaligen albanischen Befreiungsarmee UÇK haben im Kosovo neue Massenproteste gegen die Verhaftung von drei Mitgliedern der ehemaligen UÇK-Militärpolizei angekündigt. Mehr als 2.000 Menschen protestierten in Priština und 1000 in der Provinzstadt Podujevo bereits am Montag gegen die Festnahme. Die Festgenommenen werden von der UN-Mission im Kosovo beschuldigt, 1998/99 missliebige Personen, so genannte „Verräter“ aus den eigenen Reihen und Zivilisten ermordet zu haben.

Mit der Anklageerhebung tut sich die Justiz der UN-Verwaltung im Kosovo allerdings schwer. Bisher wurden nur 30 Tage Untersuchungshaft für Latif Gaši, Naim Kadrin und Nazif Mehmeti anberaumt. Die UN-Mission wolle jedoch nicht mehr einer Konfrontation mit den informellen Strukturen der 2000 formell aufgelösten UÇK des Kosovo ausweichen, hieß es aus diplomatischen Quellen.

Die ersten Aktionen der 1996 in Erscheinung getretenen UÇK galten nicht dem „serbischen Besatzungsregime“, sondern so genannten Kollaborateuren in der albanischen Bevölkerung. Die serbischen Behörden, die Polizei und die Geheimdienste, hatten alle Druckmittel genutzt, um tausende Albaner zur Zusammenzuarbeit zu zwingen. 1996/97 fielen mehr als 30 dieser Personen Anschlägen der UÇK zum Opfer. Deren Strategie zielte darauf ab, jede Zusammenarbeit mit dem serbischen Regime im Kosovo zu unterbinden.

Unter dem Deckmantel des Befreiungskampfes kam es in der Folgezeit auch zu persönlichen Abrechnungen. Mitglieder der konkurrierenden größten Partei der Albaner, der „Demokratischen Liga des Kosovo“ fielen zudem Racheakten der UÇK zum Opfer. Der Terror der UÇK richtete sich nach dem Einmarsch der Nato und der Gründung der UN-Mission im Sommer 1999 nicht nur gegen die serbische und andere Minderheiten, sondern auch gegen anders denkende Albaner.

Mit der Verhaftung der drei ehemaligen UÇK-Militärpolizisten wird ein Tor für weitere Verfahren geöffnet. Die Reaktion der Veteranen fällt entsprechend aus. Unverhohlen wird mit „Maßnahmen“ gegen Mitglieder der internationalen Gemeinschaft gedroht. Doch auch die geht mit harten Bandagen vor: kurzerhand wurde der Sprecher der von der Nato kontrollierten albanischen „Kosova-Schutztruppe“ ( TMK ) suspendiert, nachdem er sich gegen die Verhaftungen ausgesprochen hatte.

ERICH RATHFELDER