US-Konjunkturspritze weg

Senat behandelt Entwurf des Präsidenten erst gar nicht. Die 200 Milliarden hätten sowieso nichts gebracht, meinen Experten. Hilfe für Arbeitslose wird aber verlängert

WASHINGTON taz ■ Ein milliardenschweres Konjunkturprogramm für die amerikanische Wirtschaft ist endgültig gescheitert. Nachdem der Mehrheitsführer im US-Senat, Tom Daschle, das Gesetz bereits vorab für tot erklärt hatte, überraschte es niemanden mehr, dass die demokratisch dominierte Bundesstaatenkammer das Konjunkturpaket am Mittwoch kippte. Die so genannte „Stimulus Bill“ sah vor, der lahmenden US-Wirtschaft, die durch die Terroranschläge vom 11. September weiter ins Straucheln geriet, mit einer kräftigen Finanzspritze wieder auf die Sprünge zu helfen.

Beide Parteien beschuldigen sich nun gegenseitig. Die Demokraten bezeichnen die von Bushs Republikanern vorgeschlagenen Maßnahmen als nicht ausreichend für Arbeitslose und schlecht für das Haushaltsdefizit. Die Republikaner dagegen behaupten, der Vorschlag der Demokraten hätte wenig zur Ankurbelung des Wirtschaftswachstums beigetragen. Präsident George W. Bush äußerte sich pflichtgemäß enttäuscht. Das Konjunkturprogramm sei wichtig, um der Wirtschaft zu helfen. „Die Arbeiter benötigen Hilfe, und wir müssen die Wirtschaft stimulieren“, sagte der plötzlich zum Arbeitnehmerfreund gewandelte Bush.

Beide Parteien schielen bereits auf die Zwischenwahlen im Herbst, wo das Kräfteverhältnis im Kongress neu bestimmt wird – keiner wollte als Verlierer dastehen. Die Demokraten sind zudem auf der Suche nach innenpolitischen Profilierungsfeldern; bislang konnten sie dem populären Kriegspräsidenten nicht viel entgegensetzen.

Das Konjunkturpaket würde den laufenden Haushalt mit 90 Milliarden Dollar belasten. Über einen Zeitraum von fünf Jahren wären es mehr als 200 Milliarden Dollar geworden – vor allem durch Steuererleichterungen. Die Demokraten favorisierten ein deutlich abgespecktes Programm und eine stärkere finanzielle Hilfe für Arbeitslose und Geringverdiener. Viele Ökonomen, darunter auch US-Notenbankchef Alan Greenspan, sind mittlerweile jedoch der Ansicht, dass das Scheitern keinen großen Einfluss mehr auf die Wirtschaftsentwicklung haben wird. Sie sehen erste Anzeichen, dass die US-Konjunktur bereits wieder an Fahrt gewonnen hat.

Auch unter Bushs Republikanern gibt es Stimmen, die den Fehlschlag des Konjunkturpaketes begrüßen. Den Demokraten könne man mit ihrer Kritik am Defizit den Wind aus den Segeln nehmen, denn durch das eingesparte Geld wären die Etats in den Jahren 2002 und 2003 wieder nahezu ausgeglichen. Sollte die Wirtschaft außerdem rechtzeitig zu den Wahlen im Herbst wieder anspringen, könne man die massiven Steuersenkungen der Regierung als wesentliches Erfolgsrezept verkaufen.

Bei all dem parteitaktischen Gerangel gab es dennoch eine kleine Überraschung: Alle Senatoren stimmten für eine 13-wöchige Verlängerung der Arbeitslosenunterstützung, um die Folgen der Rezession abzumildern. Arbeitslose, die bereits die ihnen zustehende Unterstützung von 26 Wochen ausgeschöpft haben, bekommen vorerst weiter Geld. Rund zwei der knapp acht Millionen Arbeitslosen werden von dieser Regelung profitieren.

MICHAEL STRECK