Rasterfahndung: Bremen droht Klage

■ Schluss mit der Schläferhatz: Nach den Erfolgen in Berlin und Hessen will jetzt auch ein Student der Bremer Hochschule gegen die Rasterfahndung vor den Kadi ziehen

Nach den erfolgreichen Klagen gegen die Rasterfahndung in Hessen und Berlin droht auch Bremen der Gang vor den Kadi. „Die positiven Urteile in den beiden Bundesländern sind sehr hilfreich“, sagte Rechtsanwalt Günter Werner, der für einen marokkanischen Studenten gegen die Rasterfahndung klagen will. Werner hat die Hochschule Bremen aufgefordert, bis zum nächsten Freitag eine Liste der gerasterten Studenten herauszugeben. „Wenn die da ist, geht es vor's Verwaltungsgericht“, erklärt Werner.

Auf der Hatz nach mutmaßlich terroristischen „Schläfern“ hatte das Landeskriminalamt Ende Oktober allein von der Bremer Universität die Akten von 480 männlichen Studenten aus 26 arabischen Ländern angefordert. Polizeirechner glichen sie inzwischen mit Daten von Krankenkassen oder Sozialämtern ab. Ergebnisse bis heute: offensichtlich keine. In Hamburg, wo drei der mutmaßlichen Attentäter vom 11. September studiert hatten, sind dagegen mehrere Studenten im Schleppnetz der Fahnder hängen geblieben. Sie wurden zwar zu Verhören eingeladen, stehen aber auch weiterhin „nicht unter Verdacht“. Ergebnis auch hier: offensichtlich keins. „Denen, die die Vorladung missachten wollten, wurden dennoch Nachfragen bei Nachbarn und Verwandten angedroht“, kritisiert Rechtanwalt Werner. Auch in Bremen hatten sich Uni-Personal und Asten vehement gegen die Hexenjagd auf ausländische Kommilitonen gewehrt. Die Rasterfahndung in Bremen sei wegen der „pauschalen Verdächtigungen“ diskriminierend.

Genauso in anderen Bundesländern. Eine Klage im nordrhein-westfälischen Münster läuft noch. Am Donnerstag hatte das Wiesbadener Landgericht die Rasterfahndung ausländischer Studenten für rechtswidrig erklärt, im Januar hatte es ein ähnliches Urteil in Berlin gegeben. Bei beiden Klagen hatten arabischstämmige Studenten ihre Grundrechte durch die Weitergabe persönlicher Daten verletzt gesehen. Die Richter in Berlin und Hessen hatten bezweifelt, dass in Deutschland unmittelbar terroristische Anschläge bevorstünden, die die Rasterfahndung rechtfertigten.

Das seit dem 16. Oktober gültige Bremische Polizeigesetz lautet an den entscheidenden Stellen ganz ähnlich wie in Berlin und Hessen. Paragraph 36 i fordert, dass personenbezogene Daten nur dann von der Polizei angefordert werden dürfen, wenn „dies zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes, für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder zur Verhütung einer Straftat von erheblicher Bedeutung erforderlich ist.“ Von direkter „Gefahr“ für Deutschland, Bremen oder eine andere Person ist aber derzeit an der Weser nicht die Rede.

Deshalb will auch der grüne Sicherheitsexperte Matthias Güldner das Thema in der nächsten Sitzung des Parlamentarischen Kontrollausschusses und womöglich auch in der Bürgerschaft zur Sprache bringen. Güldner: „Wegen ein paar Fahrraddiebstählen sollte man keine Rasterfahndung zulassen.“

Innensenator Kuno Böse (CDU) prüft derzeit, ob die erfolgten Richtersprüche Auswirkungen auf Bremen haben. Die hier bestehende Rechtslage weicht jedoch von der anderer Bundesländer ab. In Bremen ordnet der Innensenator die Rasterfahndung an, in Hessen und Berlin ist ein Richter dafür zuständig. In der Praxis hat das in Bremen die Auswirkung, dass die anstehende Gefahr weniger konkret sein muss. Rechtsanwalt Werner: „Die Formulierung im hiesigen Polizeigesetz ist wachsweich. Ich denke trotzdem, dass das in Bremen zuständige Verwaltungsgericht entscheidet, dass bei derart einschneidenden Maßnahmen die Gefahr konkretisiert werden muss.“ Günter hofft, dass „uns das Gericht vor diesem harten Übergiff des Staates schützt.“

Kai Schöneberg