Fischkleider
: Echte Schuppen

■ Haute Couture aus Bremerhavens Fischabfällen kommt bald in Mode

Der Traum in Weiß ist aus 33 Meter Tüll und aus Fischhaut. Ein Hochzeitskleid aus Heilbutt? Die Designerin Mareile Onadera findet das alles andere als anrüchig: „Fischleder regt zu fließenden Formen an.“ Am Wochenende präsentierte sie das perfekte Outfit für einen schillernden Auftritt – allerdings nicht ohne ernsthaften Hintergrund: „Das Abfallprodukt Fischhaut könnte der Fischindustrie eine neue wirtschaftliche Perspektive geben“, meint der Veranstalter des Fischleder-Workshops, Gunnar Stempel.

Zusammen mit ihrem Lebensgefährten und einem Österreicher ist die Designerin inzwischen dabei silbrige Schuppen industriell zu Gold zu machen. Rund 1.000 Kilogramm Lachshaut im Jahr lässt sie in Österreich zu Leder verarbeiten.

Das inzwischen industrielle Verfahren geht auf alte Techniken aus China zurück. Die „Fischhaut-Tartaren“ kleideten sich bereits vor Jahrhunderten in Kriegs- und Jagdgewänder aus Fischleder. „Das größte Problem dabei ist es, die Haut vom Fleisch zu lösen, ohne sie zu beschädigen.“ Wie man das hauchdünne Leder haltbar und geschmeidig macht, wird aber nicht verraten. Nur eins: „Es riecht danach nicht mehr nach Fisch.“ Beruhigend.

Bislang werden diese Häute in Bremerhaven tonnenweise weggeworfen. „Das muss nicht sein und war auch nicht immer so“, erinnert sich Stempel. Bis in die 50er Jahre produzierte im einst größten Fischereihafen Europas eine Fischlederfabrik Handtaschen. Deren modernen Nachfolger sind inzwischen zum Verkaufsschlager geworden: „Nicht nur in Österreich verkaufen sie sich gut.“

Onaderas Kreationen sind Einzelstücke.“ Am liebsten schneidert sie Korsagen – wie zum Beispiel das Heilbutt-Top des Hochzeitskleides. Die von Natur aus gerundeten Lederstücke inspirieren sie zu geschwungenen Formen, das Muster der Häute ergeben irisierende Effekte. „Fischleder fühlt sich besonders weich und sanft an“, schwärmt sie.

Aber bis die Fisch-Kollektion in Serie geht, wird noch es noch einzige Zeit dauern: „Wir wissen noch nicht genau, wie lange das Material hält“, räumt die Designerin ein.

Wolfgang Heumer, dpa