Schief im Wind

Terry Gilliam wollte „Don Quixotte“ verfilmen. „Lost in La Mancha“ (Panorama) zeigt, wieso es nun dazu nicht kam

So ist zumindest die Dokumentation eine sehr anrührende Hommage an Terry Gilliam geworden

Wer einen Film für 32 Millionen Dollar drehen kann, hat es geschafft. Der britische Regisseur Terry Gilliam war vor zwei Jahren so weit: Mit „12 Monkeys“ hatte er einen Box-Office-Hit, und mit „Angst & Schrecken in Las Vegas“ war ihm die Verfilmung des praktisch unnachspielbaren Drogentrip-Buches von Hunter S. Thompson gelungen. Nun sollte „Don Quixotte“ kommen – ganz nach Art früherer Gilliam-Fantasy-Projekte wie „Time Bandits“ oder „Münchhausen“. Orson Welles war zwar schon in den 50er-Jahren an der Vorlage von Cervantes gescheitert. Doch die Produktionsfirma gab sich zuversichtlich: Sogar ein Dokumentarteam wurde mit aufs Set geschickt, um ein „Making of“ des vermeintlichen Blockbusters zu filmen.

Gilliams Vorhaben entwickelte sich zum Megaflop. Außer ein paar Einstellungen mit wild herumalbernden Giganten wurde nur die Dokumentation von Keith Fulton und Luis Pepe fertig gestellt – ein Requiem auf das Wagnis und auf die Verzweifelung. Denn allein durch das Begleitmaterial hat man schon eine Ahnung davon, was da hätte gelingen können: Ein barockes Psychedelic-Märchen mit tollen Kostümen, einem Don Quichotte wie aus dem Skizzenblock von Gustave Doré und einem hippiehaft verzottelten Johnny Depp als Sancho Pansa.

Was also ist schief gegangen? Eigentlich alles. Der Drehort lag in einem Sperrgebiet für spanische F-16-Fighter, am zweiten Tag schwemmte ein Unwetter die Requisiten und das Equipment weg, danach wurde der Hauptdarsteller Jean Rochefort schwer an der Prostata krank. Zugleich sieht man, wie Gilliam unbeirrt gegen das Schicksal zu kämpfen versucht, als wäre er selbst Don Quichotte. Bis zum Schluss glaubt er an seinen Plan, immer wieder freut er sich wie ein Kind, wenn er ständig neue, wunderbare Storyboards zeichnet.

Vielleicht hätte er lieber gleich einen Trickfilm nach Art seiner früheren Monty-Python-Sketche produzieren sollen. So ist zumindest die Dokumentation eine sehr anrührende Hommage an einen Regisseur geworden, dessen Einbildungskraft in der Tat an der Wirklichkeit gescheitert ist – im ganz großen Stil.

HARALD FRICKE

„Lost in La Mancha“. Regie: KeithFulton, Luis Pepe. GB 2001, 89 Min.