utah und andere
: Bridgen für Olympia

Eine gute Partie

Puuh, haben Sie sie auch gesehen? All die verausgabten Leibesübenden, deren Gesichter zugefroren sind vom Eis, deren Lungen rasseln vor Kälte und deren Körper dampfen von der unmenschlichen Anstrengung, die ihnen abverlangt wird nur dieser paar Medaillen wegen. Nein, nein, so ein Olympia im Winter ist kein Spaß, und manchmal drängt es einem geradezu danach, sich auf dem Sofa in eine flauschige Wolldecke einzumümmeln, weil der olympische Frost geradezu herauszukriechen scheint aus der Glotze.

Gesund ist das nicht, sagt meine Mutter immer, wenn sie die Bilder im Fernsehen sieht – und sie meint von der Tendenz her dasselbe wie Winston Churchill: dass Sport Mord sei nämlich.

Nun gibt es solchen und solchen Sport; und weil gerade der Name eines älteren und von Zigarrenrauch umwabten Aristokraten gefallen ist, müssen unbedingt auch ein paar Worte über Bridge fallen gelassen werden, was das Thema keineswegs verfehlt, sondern durchaus mit Olympia zu tun hat. Bridge, ein Kartenspiel für vier Personen, soll nämlich olympisch werden, und zwar möglichst bald; schon in Salt Lake City wurden im Vorfeld der Spiele ein paar Karten gedroschen, um den Mitgliedern des IOC zu zeigen, wie sportlich Bridgen tatsächlich ist. „Es braucht Ausdauer, Konzentration, Kampfgeist und Durchhaltevermögen“, sagt zum Beispiel Frau Auken aus Bamberg, die zweifache Bridge-Weltmeisterin ist, so ziemlich alles also, was Sport zu wahrem Sport macht. Und weil Bridge vermehrt des Winters gespielt wird und die Spiele im Winter noch keineswegs so aufgeblasen sind wie jene im Sommer, würde sich auch bestimmt noch ein Plätzchen im Zeitplan finden, irgendwo zwischen Rodel und Biathlon. Die speziell zu bauende Bridge-Sporthalle könnten sich die Bridge-Sportler mit den Schachspielern teilen, die ebenfalls olympische Pläne hegen und bereits Demonstrationswettbewerb waren, wenn auch irrtümlicherweise im Sommer von Sydney.

Für den passionierten Fernseh-Olympioniken sind solche Pläne natürlich fabelhaft. Denn a) muss er nicht mehr ständig mitfrieren mit den armen Athleten, und b) kann er noch vom Fernsehsessel ausdas Geschehen nachsporteln – direkt auf dem Wohnzimmertisch. FRANK KETTERER