„Keine Entscheidung bis zur Wahl“

Über den Transrapid in Bayern und NRW wird erst der nächste Bundestag entscheiden, sagt der Verkehrsexperte der grünen Bundestagsfraktion, Albert Schmidt. Zusagen seien daher nicht bindend. Weniger Pkw-Verkehr, mehr Güter auf der Schiene
von BERNHARD PÖTTER

Herr Schmidt, Sie haben gesagt, der Transrapid könne nur in einer Diktatur gebaut werden. Was sagt uns das über Bayern und NRW?

Das sagt uns, dass die Zusagen über Bundesmittel für den Transrapid eher virtuellen Charakter haben. Auch in NRW und Bayern hat die Magnetbahntechnik nur eine Chance, wenn die Länder ihre Kofinanzierung, nämlich 2,5 von den insgesamt 4,8 Milliarden Euro, beibringen. Davon ist aber weit und breit nichts in Sicht.

Länder und Bundesverkehrsminister wollen einen Zuschuss, kein Darlehen. Was meinen Sie als Abgeordneter dazu?

Das Parlament wird sich vorbehalten, nach der Wahl zu entscheiden, ob das Geld als Zuschuss oder Darlehen gezahlt wird, wie viel Geld fließt und ob überhaupt Geld gezahlt wird.

Wird das Parlament vor den Wahlen über den Transrapid entscheiden?

Nein. Einen Parlamentsbeschluss über den Transrapid wird es in dieser Legislaturperiode nicht mehr geben. Insofern sind die Zusagen von vergangener Woche haushaltsrechtlich nicht bindend.

Lenkt Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig mit dem Transrapid davon ab, dass er in der Verkehrspolitik nicht viel erreicht hat?

Ich sehe die Gesamtbilanz anders. Wir haben seit 1998 die Bundesmittel für den Bahnbau um 50 Prozent auf 4,5 Milliarden Euro pro Jahrfür drei Jahre gesteigert. Das System Bahn wird runderneuert. Wir haben dreimal die Nahverkehrsmittel erhöht und die Kürzungspläne Eichels für 2002 sind vom Tisch. Und wir haben mit der Entfernungspauschale eine Benachteiligung des öffentlichen Verkehrs beendet. Das alles sind Kernpunkte grüner Verkehrsprogrammatik.

Es sind mehrstellige Milliardensummen in die Schiene geflossen, aber man sieht kaum einen Effekt, etwa bei Verkehrsverlagerung.

Die Investitionen ins Netz, in Fahrzeuge und Bahnhöfe, haben einen verzögerten positiven Effekt für den Fahrgast. Baustellen machen das Leben erst mal ungemütlicher. Trotzdem gibt es jetzt schon einen positiven Trend zum öffentlichen Verkehr. Der Verband der deutschen Verkehrsunternehmen hat veröffentlicht, dass wir im letzten Jahr zum wiederholten Mal ein Wachstum von zwei Prozent bei der ÖPNV-Benutzung haben. Seit der Ökosteuer wird deutlich weniger Benzin und Diesel verbraucht und entsprechend weniger CO2 aus dem Straßenverkehr emittiert. Die Pkw-Fahrleistung ist seit der Einführung der Ökosteuer erstmals leicht rückläufig. Das sind Anzeichen einer Trendwende, die es zu stützen gilt.

Wo ist die Verkehrswende beim Güterverkehr?

Das Güterverkehrswachstum auf der Straße stagniert, während auf der Schiene im Jahr 2000 fast 13 Prozent mehr Verkehrsleistung erbracht wurde. Nicht nur von DB Cargo, auch von Privatbahnen. Die im Bundestag beschlossene Lkw-Maut ab 2003 wird diesen Trend verstärken. Deshalb sollte der Bundesrat das Projekt nicht blockieren.

Das Umweltbundesamt sagt, die flächendeckende Einführung von Autos sei möglich, die nur zwei bis drei Liter auf 100 Kilometern verbrauchen. Warum scheut Rot-Grün vor einem solchen Gesetz zurück?

Vom Ziel her stimme ich dem zu, bei der Wahl der Instrumente bin ich flexibler. Heute schon haben ein Viertel der neu zugelassenen Autos einen Verbrauch von unter fünf Litern. Das ist ein riesiger Sprung, bis vor kurzem lag der Schnitt noch bei neun Litern. Man kann das durch Preissignale oder durch das Ordnungsrecht anstoßen. Ich halte die Preissignale für ebenso wirksam.

Ansonsten haben Sie als Grüne im Wahlkampf den Vorwurf am Hals, autofeindlich zu sein.

So schematisch „weg von den Autos, nur noch Bahn“ ist das ja bei uns nicht debattiert worden. Wir müssen erst mal überall die Wahl der Verkehrsmittel ermöglichen. In bestimmten Gegenden Deutschlands haben Sie keine andere Wahl, als mit dem Auto zu fahren. Um das zu ändern, setze ich sehr auf ein attraktives Angebot im Nahverkehr. Übrigens auch durch eine fahrradfreundliche Stadt- und Verkehrsplanung, wie wir es im „Masterplan Rad“ nach holländischem Vorbild im Mai vorlegen werden.

Sie könnten also als grüner Verkehrsexperte demnächst nicht nur im Aufsichtsrat der Bahn, sondern auch im Aufsichtsrat von Volkswagen sitzen?

Nein. Wir sind und bleiben die Partei, die für die Bahnen Partei ergreift.

Fotohinweis:Schmidt (50) war Pädagoge und Musikkabarettist in Bayern; seit 94 im Bundestag.