Iraner protestieren wieder gegen die USA

Trotz der staatlich proklamierten Einigkeit zum Jahrestag der Islamischen Revolution gibt es auch Zwischentöne

TEHERAN/BERLIN afp/dpa/taz ■ Auf einer Großdemonstration gegen die USA und Israel hat der iranische Präsident Mohammed Chatami die US-Regierung zu einer Änderung ihrer Politik gegenüber Iran aufgeforderrt. „Wir hoffen, die amerikanische Regierung wird aufwachen und ihre Politik gegenüber Iran ändern“, sagte er gestern vor zehntausenden Demonstranten in Teheran. „Der beste Weg gegen die Drohungen von unmündigen Regierungen ist eure Anwesenheit hier“, rief er dem Volk zu.

Chatamis Rede bildete den Höhepunkt der Kundgebung, zu der anlässlich des 23. Jahrestages der Islamischen Revolution führende Politiker des reformorientierten Lagers um Chatami ebenso aufgerufen hatten wie der ultrakonservative Klerus um den geistlichen Führer Ajatollah Ali Chamenei. Hintergrund dieser Einigkeit sind die Äußerungen von US-Präsident George W. Bush, der in seiner Rede zur Lage der Nation am 29. Januar Iran, Irak und Nordkorea als „Achse des Bösen“ bezeichnet hatte.

In einem Sternmarsch zogen Männer, Frauen und Kinder von sieben Punkten aus zum Asadi-Platz. Sie riefen gegen die USA und Israel gerichtete Losungen wie „Unser Volk ist wachsam und hasst Amerika“. Dominiert wurde die Veranstaltung von mehreren tausend Mitgliedern der Chamenei-treuen Bassidschi-Miliz. Als Zeichen ihrer Bereitschaft zu Selbstmordattentaten waren sie in weiße Leichentücher gehüllt.

Am Vortag hatte Chatami anlässlich eines Empfangs für ausländische Gesandte davor gewarnt, dass die Politik der USA, die Welt in Freunde oder Feinde zu teilen, zu einem unvorhersehbaren Weltkrieg führen könne. „Lassen Sie uns an einer Allianz für den Frieden arbeiten“, forderte er die Anwesenden auf. Der Iran kämpfe seit 1997 mittels einer Entspannungspolitik für dieses Ziel.

In den vergangenen Jahren gingen am 11. Februar vor allem die Hardliner und ihre Anhänger auf die Straßen. Diesmal forderte der Sprecher des iranischen Parlaments, Mehdi Karrubi, ausdrücklich auch Kritiker des islamischen Systems auf, gegen die US-Vorherrschaft zu demonstrieren.

Es gibt im Iran allerdings auch Stimmen, vor allem unter Intellektuellen und Studenten, die radikale Äußerungen der Hardliner für Bushs Charakterisierung des Iran als einer „bösen“ Nation verantwortlich machen. Zudem legte laut dem britischen Rundfunksender BBC eine Gruppe von Reformern zum Jahrestag der Revolution eine lange Liste von Verstößen gegen demokratische Rechte durch den von Hardlinern dominierten Justizapparat vor. Dessen Vorgehen widerspreche den Idealen der Revolution, schade der nationalen Sicherheit des Landes und der Legitimität des islamischen Systems. Auch am proklamierten Tag der Einheit ließen sich die gesellschaftlichen Widersprüche nicht völlig vertuschen. B.S.