drogenpolitik
: Schluss mit der Ideologie

Endlich! Nach jahrelangem betonartigem Stillstand und ideologischen Schlammschlachten kündigte gestern der neue Gesundheitsstaatssekretär Hermann Schulte-Sasse einen neuen Kurs in der Drogenpolitik an. Erster Schritt könnte die Einrichtung von mindestens einem Druckraum sein. Was in vielen anderen Großstädten seit Jahren Praxis ist, könnte auch endlich in Berlin Realität werden.

Kommentar von SABINE AM ORDE

Damit würde das in weiten Teilen durchaus gute Drogenhilfesystem der Stadt um ein wichtiges Element für Schwerstabhängige erweitert. Druckräume nehmen Junkies den Stress, auf der Straße drücken zu müssen. Sie können dies unter hygienischen Bedingungen tun, was die Gefahr von Folgeerkrankungen wie Aids oder Hepatitis senkt. Wer sich eine Überdosis setzt, wird gefunden und verreckt nicht auf einem Bahnhofsklo. Sozialarbeiter können in Druckräumen Kontakt mit den Abhängigen aufnehmen, die sonst für sie nicht erreichbar sind. Und die Anwohner profitieren, wenn sich ein Teil der Junkies nicht mehr auf Spielplätzen oder in Hauseingängen Heroin spritzt.

Diesen Einsichten hatte sich die große Koalition verschlossen. Hilfe für Drogenabhängige wurde in Berlin jahrelang ideologisch diskutiert. Die CDU sammelte im letzten Wahlkampf sogar Unterschriften gegen Druckräume. Aber auch Teile der SPD können diesen Hilfeeinrichtungen wenig abgewinnen, darunter Jugendsenator Klaus Böger, der bislang für die Drogenhilfe zuständig war, und Innensenator Ehrhart Körting.

So steht der Gesundheitsverwaltung und der PDS eine harte Debatte ins Haus. Dabei muss sie nicht nur Druckräume durchsetzen. Sie muss vor allem die Diskussion selbst ändern. Denn nur so wird ein wirkliches Umsteuern in der Drogenpolitik möglich sein. Der neuen Senatorin und ihrem Staatssekretär kann man dafür nur Standfestigkeit und einen langen Atem wünschen.