piwik no script img

Take-off noch nicht in Sicht

Der Bau des Großflughafens Schönefeld ist erneut in Schwierigkeiten geraten. Noch immer steht nicht fest, ob überhaupt Verhandlungen mit den verbleibenden Bietern aufgenommen werden. Grünen-Verkehrsexperte Cramer: Angebot ist unsittlich

von RICHARD ROTHER

Der neue Single-Airport in Schönefeld ist vom Abheben weit entfernt. Kurz vor der entscheidenden Sitzung des Aufsichtrsrates der Flughafenplanungsgesellschaft PPS am heutigen Freitag ist immer noch nicht klar, ob mit dem verbliebenen Bieterkonsortium überhaupt Verhandlungen aufgenommen werden. Das Konsortium um den Baukonzern Hochtief und die Immobiliengesellschaft IVG hatte bislang Angebote vorgelegt, die auf große Skepsis gestoßen sind, weil sie die öffentliche Hand belasten. Bislang planen die Flughafeneigner Berlin, Brandenburg und der Bund, den 3 bis 4 Milliarden Euro teuren Flughafen bis zum Jahr 2007 allein in privater Regie bauen zu lassen und die innerstädtischen Flughäfen Tegel und Tempelhof zu schließen.

Der PPS-Aufsichtsrat werde heute das Angebot beraten und möglicherweise entscheiden, ob Gespräche mit den Bietern aufgenommen werden, sagte PPS-Sprecher Burkhard Kieker. Einzelheiten wollte er nicht nennen.

Eine ist aber klar: In den nächsten Wochen geht es ums Ganze. Dabei haben sich die Flughafeneigner mit der vor Jahren gefällten Grundsatzentscheidung, die Berliner Flughäfen vollständig zu privatisieren und den Neubau des Single-Airports daran zu knüpfen, in eine schwierige Verhandlungsposition gebracht. Jetzt reden sie mit nur noch einem Bieter, der offenbar jede Bedingung diktiert. „Das Angebot ist schlicht unsittlich“, erregt sich der Grünen-Verkehrsexperte Michael Cramer. PDS-Fraktionschef Harald Wolf ist ebenfalls skeptisch, aber im Ton konziliant. Die Offerte sei „nicht entscheidungsreif“.

Dem Vernehmen nach wollen die Bieter nur rund 120 Millionen Euro für das lukrative Berliner Flughafensystem hinblättern, verlangen gleichzeitig hohe Mittel der öffentlichen Hand für die Infrastrukturanbindung des Airports, zudem würde sich dessen Eröffnung um Jahre verzögern. Die mit dem Verfahren verbundenen Risiken für die öffentliche Hand beschäftigen mittlerweile sogar den Bundesrechnungshof.

Im Moment scheint es daher nur noch zwei Möglichkeiten zu geben. Entweder verbessern die Bieter in möglichen Verhandlungen ihr Angebot, oder die PPS bricht irgendwann die Verhandlungen als gescheitert ab. Die Flughafeneigner würden dann das derzeit laufende Planfeststellungsverfahren abwarten und sich Alternativen überlegen. Möglich wäre, den Flughafen doch in öffentlicher Regie zu bauen oder nur teilzuprivatisieren. Beispielsweise könnten – wie in den USA üblich – die Rollfelder im öffentlichen Besitz verbleiben, während die Abfertigungshalle privat errichtet und betrieben wird. Das Problem allerdings ist, dass die Beteiligten – allen voran Berlin und Brandenburg – chronisch pleite sind. Neue Schulden kann sich Klaus Wowereit eigentlich nicht leisten, ein neues Milliardengrab wie bei der Bankgesellschaft – mit privaten Gewinnen und öffentlichen Verlusten – aber auch nicht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen