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: Schuld ist nur das trübe Wetter

Kopfschmerzen? Erschöpfung? Abgeschlagenheit? Für viele Menschen steht fest: Das Wetter ist schuld. Zwar fehlt es noch an handfesten Erkenntnissen. Doch einer aktuellen Umfrage zufolge, deren Ergebnisse in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift veröffentlicht wurden, ist das Phänomen weiter verbreitet als gedacht. Das Allensbacher Institut für Demoskopie befragte in Zusammenarbeit mit der Uni München 1.064 Bürger über 16 Jahre, ob sie sich als „wetterfühlig“ betrachten – und, falls ja, unter welchen Beschwerden sie leiden.

Insgesamt glauben mehr als die Hälfte aller Deutschen, dass das Wetter sich auf ihre Gesundheit niederschlägt. Fast jeder Fünfte sieht sein Wohlbefinden sogar in „starkem“ Maße vom Wetter abhängig, mehr als ein Drittel erklärte sich für „etwas“ wetterfühlig. Am häufigsten leiden die Norddeutschen unter dem Wetter (60,6 %), was sich der Biometeorologe Peter Höppe vom Münchner Institut für Arbeits- und Umweltmedizin damit erklärt, „dass das Wetter in Norddeutschland nachweislich unbeständiger als in anderen Teilen Deutschlands ist“.

Nicht jeder reagiert auf jedes Wetter gleich. Am seltensten sind Klagen bei Gewitter (6,4 %) und „schönem Wetter“ (5,5 %), am häufigsten bei Stürmen (30,3 %) und bei Kälteeinbrüchen (28,8 %). Immerhin jeder dritte Deutsche gab an, dass ihm das Wetter im vergangenen Jahr mindestens einmal so zugesetzt habe, dass er seiner täglichen Arbeit nicht nachgehen konnte. Besonders hoch ist der Anteil der Wetterfühligen unter den Landwirten (76,9 %), was nicht heißt, dass man beruflich der Witterung ausgesetzt sein muss, um wetterfühlig zu sein: Schon an zweiter Stelle landeten die leitenden Angestellten (62,9 %). Am seltensten klagten die Selbstständigen (40,8 %), was daran liegen mag, dass sie sich eine Wetterfühligkeit einfach nicht leisten können. Mehr als zwei Drittel aller Bürger über 60 Jahre erklärten sich für wetterfühlig. Menschen ohne Schulabschluss sind häufiger betroffen als solche mit Abitur (75 % bzw. 48,8 %).

Bislang beruhen all diese Zahlen nur auf einer „Selbsteinschätzung“ der Befragten, betont Höppe: „Vieles deutet darauf hin, das beim Auftreten von unspezifischen Symptomen oftmals gerne zunächst das Wetter als Auslöser gesehen wird.“ Für objektive Daten müsste eine große Anzahl von Menschen über Monate ein Wettertagebuch führen, um einen Zusammenhang mit den Symptomen herstellen zu können. Dennoch sei nicht zu bestreiten, „dass ein wissenschaftlich gesicherter Zusammenhang zwischen dem Wetter und dem Wohlbefinden von Menschen besteht“. Es gebe Hinweise, so Höppe, „dass Wetterfühligkeit vor allem mit zwei Faktoren zusammenhängen könnte: mit niederfrequenten Luftdruckschwankungen und einer elektromagnetischen Impulsstrahlung, den so genannten Sferics.“

Chronische Krankheiten scheinen – so das Ergebnis der Umfrage – bei Wetterfühligen häufiger zu sein als bei Nichtwetterfühligen, bei Kreislaufstörungen war der Anteil sogar „drastisch höher“. Aber auch dafür muss das Wetter nicht in jedem Fall ursächlich sein. Der Befund lasse sich auch so erklären, meint Höppe, „dass Menschen mit Vorerkrankungen ein erhöhtes Risiko haben, an wetterassoziierten Beschwerden zu leiden“.

IRENE MEICHSNER