Jahr der Verluste

Vor allem am Neuen Markt verloren Aktien 2001 an Wert. Dieses Jahr wird eine neue Pleitewelle erwartet

BERLIN taz ■ Gute Nachrichten für alle, die Porsche-, Audi- oder Beiersdorf-Aktien besitzen. Diese Titel führen die gestern von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) in Berlin vorgestellte „Wertpapier-Watchlist 2002“ an. Die Standardwerte Kaufring, Herlitz und der Gerüstbauer Plettac stehen dagegen ganz am Ende – als größte Kapitalvernichter des Börsenjahrs 2001. Durchschnittlich verloren diese Titel 50 Prozent ihres Wertes – und das nun schon fünf Jahre lang.

DSW-Hauptgeschäftsführer Ulrich Hocker bezeichnete 2001 als das Jahr der „massiven Kursverluste“. Das dicke Ende komme aber erst noch. Hocker: „Die Pleitewelle am Neuen Markt steuert in diesem Jahr auf einen neuen Rekord zu.“ Dort wurde besonders viel Kapital vernichtet. Von den 278 Unternehmen am Neuen Markt, die mindestens zwei Jahre an der Börse gehandelt wurden, fiel bei 90 Prozent der Kurs. Für den Neuen Markt ermittelt die Schutzvereinigung daher eine spezielle Risikoliste. Spitzenreiter Brokat verlor in den vergangenen zwei Jahren jährlich 96 Prozent an Wert, die zweitplatzierte Kinowelt 94 Prozent. Mittlerweile haben beide Unternehmen Insolvenz beantragt.

Seit fünf Jahren ermitteln die Aktienschützer ihre Watchlist. Die Rangliste ergibt sich aus der Bewertung der Kursentwicklung. Weil langfristige Kursgewinne im Selbstverständnis der DSW wichtiger als die kurzfristigen sind, geht die Fünfjahresperformance zu 50 Prozent, die Dreijahres- zu 30 und die Jahresperformance zu 20 Prozent ein.

Angesichts der vorgelegten Liste sparten die Aktienschützer nicht mit Kritik: Gravierende Fehlentscheidungen von Managern, vielfach übertriebene Wachstumsprognosen, viel zu teure Beteiligungen, unsinnige Expansionen im In- und Ausland sowie völlige Überschätzung des Marktes nannte Hocker als Ursache für das Pleitebörsenjahr 2001. Schuld seien auch die Banken, die zwar auf Provisionen aus Emissionsgeschäften schielten, die Unternehmen nach dem Börsengang aber oft nicht verantwortlich begleiten hätten.

Für Aktienkäufe empfahlen Malte Diesselhorst vom DSW-Landesverband Berlin „nur jene Unternehmen, die mit ihrer Geschäftsidee auch wirklich einen Markt gefunden haben und entsprechend Geld verdienen“. Woran der Laie dies erkenne? „Eine Dividende ist das untrügliche Zeichen.“ NICK REIMER

Liste: www.wertpapier.de