Flughafen-Urteil
: Rüffel für Ex-Senator Beckmeyer

■ Richter: Bremen ist miese Vertragspartnerin / Die Stadt nutzte Startbahn nach Gutdünken. Winkelzüge verhinderten Rechtsweg

Jetzt ist es schriftlich: Uwe Beckmeyer (SPD), im September SPD-Direktkandidat für Bremerhaven und Nord-Bremen, hat geltendes Recht gebrochen. Das stellte das Bremer Verwaltungsgericht fest (Az. 2 K 2787/00).

Geklagt hatte der Landwirt Heinrich Wähmann, dessen hoch umzäuntes Grundstück zwischen der Neuenlander Straße und der verlängerten Startbahn des Bremer Flughafens liegt. Mit ihm hatte die Stadt 1991 einen Vertrag abgeschlossen. Danach dürfen die je 300 Meter langen Verlängerungen an beiden Seiten der Startbahn ausschließlich für den Transport von Airbus-Flügelteilen mit dem dafür eingesetzten „Super-Guppy“ sowie in Notfällen benutzt werden. Diese Verpflichtung wurde als sogenannte „Grunddienstbarkeit“ im Grundbuch eingetragen. Trotzdem genehmigte der damalige SPD-Senator für Häfen, überregionalen Verkehr und Außenhandel im Juni 1999 der DaimlerChrysler Aerospace Airbus GmbH (DASA) die Benutzung genau dieser Sonder-Piste für sechs Erprobungsflüge, von denen bei Vertragsabschluss keine Rede war.

„Die durch die Außenstartgenehmigung ermöglichte Benutzung der Sonderstartbahn für (...) sechs Außenstarts (...) entsprach ohne Zweifel nicht der zwischen den Parteien vereinbarten Nutzungsbeschränkung“, schreiben die Richter in der nun vorliegenden schriftlichen Begründung ihres Urteils vom 20. Dezember. Es liege „ein gewichtiger Verstoß“ vor.

Wähmann hatte der Stadt über Jahre wiederholt Vertragsbruch vorgeworfen. Als im Mai 2000 aber schließlich ein Jumbo der Cathay Pacific auf Promo-Tour hinter seinem Haus auftauchte, platzte ihm der Kragen. Er wollte die Stadt nun gerichtlich verpflichten, künftige Verstöße gegen den mit ihm ausgehandelten Vertrag zu unterlassen. Erfolgreich. Die Richter befanden: „Es besteht ... die konkrete Gefahr von Zuwiderhandlungen durch die Stadt.“

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts belegt schon allein das Verhalten der Stadt, dass diese nicht gewillt sei, sich an ihren eigenen Vertrag zu halten. Sie habe „offensichtlich versucht, dem Kläger die Berufung auf sein Unterlassungsrecht zu erschweren, und zwar zum einen durch mangelnde Information des Klägers und zum anderen durch den Versuch einer – juristisch nicht haltbaren – begrenzenden Auslegung des Rechtes des Klägers.“

Indem die Stadt etwa den Landwirt nicht von der erteilten Sonderstartgenehmigung unterrichtete, habe sie ihm die Möglichkeit genommen, die Flüge gerichtlich zu verhindern: Bis der Anwohner klagen konnte, hatten fünf von sechs Starts bereits stattgefunden. Beim Cathay Pacific-Jumbo bestritt die Stadt sogar, dass dieser bei seinem Wendemanöver die Sonderstartbahn „benutzt“ habe.

Das Gericht hegt indes „keine Zweifel“ daran, dass auch das Wenden eine unzulässige Benutzung der Startbahn darstellte – die zudem völlig unnötig gewesen sei. „Allein aufgrund des kurzfristig geäußerten Wunsches eines Repräsentanten von Cathay Pacific“, der „Probleme beim Erreichen der gewünschten – publikumswirksamen – Stellung des Flugzeuges im Terminalbereich“ befürchtete, hatte ein Flughafen-Angestellter die Piste hinter Wähmanns Haus freigegeben.

Auch wenn die Stadt das Startbahn-Grundstück inzwischen an den Flughafen verkauft hat – an den vertraglich festgelegten Nutzungsbeschränkungen für die Sonder-Piste ändert dies nichts. Diese seien absolutes Recht und daher „von jedermann zu beachten“, stellten die Verwaltungsrichter klar. Das Häfenressort hat noch nicht entschieden, ob es gegen das Urteil Berufung beantragt.

Die Vereinigung zum Schutz Flugverkehrsgeschädigter (VSF) wies unterdessen darauf hin, dass die vom Gericht für illegal erkannte Nutzung der Startbahnverlängerung nicht nur gegen die im Grundbuch eingetragenen Rechte der Klägerfamilie Wähmann, sondern auch gegen die Flugbetriebs-Genehmigung des Flughafens und gegen den „Stuhr-Bremen-Flughafenvertrag“ verstoßen habe. Letzterer wurde 1989 unterzeichnet – laut Präambel ausdrücklich „zur Stärkung des Vertrauens der Bevölkerung in die Dauerhaftigkeit und Verlässlichkeit der Beschlüsse des bremischen Senats.“ hoi