Jörg Haider zieht sich nach Kärnten zurück

Der Landeshauptmann will der österreichischen Bundespolitik den Rücken kehren. Der Grund: Kritik in der FPÖ an seiner Irak-Reise

WIEN taz ■ Jörg Haider, angetan mit einem gepflegten Kärntner Anzug, hat am Freitag in den Abendnachrichten seinen Rückzug aus der Bundespolitik verkündet. Er wolle jetzt nur mehr für sein Bundesland arbeiten, versicherte der Kärntner Landeshauptmann. Und auf die Nachfrage, wann er sich aus dem Koalitionsausschuss und dem FPÖ-Präsidium verabschieden wolle, beschied er: „Ich bin schon weg.“ Ob er bei den nächsten Wahlen nicht doch als Spitzenkandidat antreten werde, um Kanzler zu werden? „Sicher nicht.“ Enttäuschung über parteiinterne Kritik habe ihn zu seinem Schritt bewogen, erklärte der ehemalige Parteiobmann der FPÖ.

Auslösend für seinen beleidigten Rückzug nach Klagenfurt waren Stellungnahmen von Fraktionschef Peter Westenthaler und Finanzminister Karl-Heinz Grasser zu Haiders Irak-Reise vergangene Woche. Grasser ließ wissen, er hätte sicher nicht Saddam Hussein getroffen. Westenthaler, dem das Image des politischen Ziehsohns von Haider anhängt, wagte erstmals öffentlichen Widerspruch: Die Reise sei nicht glücklich gewesen. Schuld seien aber zweifellos die Berater und Terminplaner.

Dass die Bilder aus Bagdad ausgerechnet über die Bildschirme flimmerten, als Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer in Washington erwartet wurde, dürfte die internationale Akzeptanz der FPÖ nicht gerade befördert haben, so auch Stimmen aus der Partei, die nicht öffentlich aus der Deckung gingen. Westenthaler dürfte aber für das gesamte Regierungsteam gesprochen haben, als er sagte, „der Architekt der Koalition“ müsse jetzt „die Baumeister werken lassen“.

Minister und Staatssekretäre der FPÖ sind zunehmend entnervt, wenn ihre Versuche, sich als paktfähige Sachpolitiker zu etablieren, von Kärnten aus ständig torpediert werden. So machte Haider beispielsweise seine Verkehrsministerin Monika Forstinger lächerlich, weil er durchsetzte, dass im Generalverkehrsplan zwar eine Kärntner Lokalbahn ausgebaut wird, die internationalen Verbindungen nach Sopron, Prag und Bratislava aber zu kurz kommen.

Im Interview mit dem ORF zog Haider die Konsequenzen: „Wenn sie jetzt erwachsen werden und auf eigenen Füßen stehen wollen, dann ist es nur konsequent und richtig, dass ich mich nicht mehr einmische.“

Wenn er damit einen Kniefall seiner Kritiker erreichen wollte, so hat er wohl sein Ziel erreicht. In der Partei herrscht helle Panik. Parteichefin Riess-Passer brach ihre USA-Reise ab und eilte zu einem Sonderparteivorstand nach Wien. Die Haider ergebenen Landesparteichefs in Kärnten, Oberösterreich und Salzburg forderten Konsequenzen für Westenthaler. In Klagenfurt beschloss die Landes-FPÖ, sich im Ernstfall wie die CSU als regionale Schwesterpartei zu konstituieren. Nur in der ÖVP lässt man sich die Aufregung, die der mögliche Verlust des Koalitionspartners ausgelöst hat, nicht anmerken. Kanzler Wolfgang Schüssel ließ die Devise ausgeben, den Haider-Rücktritt nicht zu kommentieren. Es handle sich um eine interne Angelegenheit der FPÖ. RALF LEONHARD