„Ökobranche muss den Kunden abholen“

Zur BioFach-Messe in Nürnberg kamen mehr als 26.000 Besucher. Trotz der zuversichtlichen Stimmung in der Branche raten Experten aber zu mehr Professionalisierung. Der Kunde soll gezielter angesprochen werden

NÜRNBERG taz ■ Mit einem Besucherrekord ist gestern in Nürnberg die viertägige BioFach-Messe zu Ende gegangen: Über 26.000 Fachbesucher informierten sich von Lebensmittel und Kleidung bis Kosmetik über die Neuheiten, die die Biobranche weltweit zu bieten hat. Dass die weltweit größte Messe in Deutschland stattfand, ist kein Zufall. 46 Prozent des weltweiten Bio-Umsatzes werden in Europa gemacht, und Deutschland bietet den größten Absatzmarkt. Die Stiftung Ökologie und Landbau (SÖL) ermittelte ein Marktvolumen von rund drei Millionen Euro, was absolut zwar der Spitzenwert in Europa ist, weltweit aber gerade 1,5 Prozent am Bio-Food-Markt entspricht.

Die Stimmung unter den Ausstellern war gut, auch wenn der Anteil der Biolebensmittel am gesamten Lebensmittelsortiment nach wie vor gering ist. Je nach Schätzung wird von 1,4 bis 3 Prozent ausgegangen, Tendenz steigend. Prognostiziert werden zwar Wachstumsraten zwischen 10 und 15 Prozent für das kommende Jahr. Langfristig peilt Verbraucherschutzministern Renate Künast (Grüne) gar einen Gesamtanteil von 20 Prozent an. Doch den Zahlen, das wurde während der Messe klar, glauben nicht alle.

„Unsere Umfragen haben ergeben“, so Heike Kuhnert von der Universität Hamburg, „dass die ökologische Herkunft als kaufentscheidendes Merkmal kaum an Bedeutung gewonnen hat.“ Zum einen fehlten viele Informationen, zum anderen würde oft mehr Wert auf Eigenschaften gelegt, die auch konventionelle Produkte erfüllen. So stand das Kriterium der artgerechten Tierhaltung deutlich vor dem Kriterium des ökologischen Anbaus.

Auch den viel beschworenen Bewusstseinswandel nach dem BSE-Skandal in Deutschland konnten die Forscher nicht feststellen. „Wir haben keine wesentliche Steigerung der Einkäufer in diesem Zeitraum gesehen“, so Kuhnert. Sie vermute, dass die BSE-Krise Mitte der 90er-Jahre in Großbritannien die heutigen Biokäufer sensibilisiert habe. Als Fazit gab Kuhnert dem Biohandel den Rat, sich intensiver um die Kundschaft zu bemühen: Diese habe zwar eine positive Grundhaltung gegenüber Bioprodukten, wolle aber durch eine „professionelle Kommunkation“ erreicht werden. „Die Ökobranche muss den Kunden dort abholen, wo er steht.“

Auch die Berater von Synergie, einer der wenigen Unternehmensberatungen, die sich auf die Biobranche spezialisiert haben, drängen auf höhere Effizienz in der Kundenansprache. In ihrer Studie prognostiziert Synergie einen Marktanteil von 5,5 Prozent bis 2005 – was einem jährlichen Wachstum von 20 Prozent entspräche. Allerdings verweist die Studie darauf, dass ein größer werdender Markt auch größere Herausforderungen mit sich bringt. „Das Verbrauchervertrauen muss jetzt mit authentischen Produkten und richtigen Marken gewonnen werden“, so Christoph Spahn von Synergie. Dazu brauche man eine nachhaltige Strategie. Mehr Effizienz erwarten sich die Bio-Berater durch die Ausweitung von Franchisesystemen und Ladenketten. SUSANNE AMANN

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