Liberale für mehr Kultusbürokratie

Die FDP traut den Ländern nach Pisa nicht mehr. Berlin soll Schulen zentral regeln – per Bundesrahmengesetz

BERLIN taz ■ Nach dem Schock über die miserablen Ergebnisse bei dem internationalen Schülervergleich Pisa mangelt es immer noch an einem überzeugenden Reformkonzept für deutsche Schulen. Die Kultusminister der Länder zieren sich mit Sofortmaßnahmen, die Gewerkschaft GEW forderte einen „föderalen Befreiungsschlag“.

Die FDP hat überraschend eine neue Idee ins Spiel bracht, die Abhilfe schaffen soll: Sie dringt darauf, ein Rahmengesetz des Bundes für das Schulwesen zu beschließen. So soll der Bund direkten Einfluss auf die Schulen nehmen, sagte FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Bundeseinheitliche Standards und gleiche Schulzeiten sollen die Qualitätsunterschiede an deutschen Schulen beseitigen.

Das Schulrahmengesetz soll ähnlich wie das in Artikel 75 Grundgesetz festgeschriebene Hochschulrahmengesetz (HRG) funktionieren. Der Bund legt Rahmenvorschriften fest – die Länder führen sie individuell aus. Ein Blick auf das HRG indes macht deutlich, dass die Gesetzesidee der Liberalen ihre Haken hat.

Denn die Länder halten an ihren Kulturkompetenzen fest – oft gegen alle Reformanstöße. Schon seit 1998 etwa scheitert Bildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) immer wieder damit, Studiengebühren über das Hochschulrahmengesetz im ganzen Land zu verbieten. Am Mittwoch nimmt sie einen neuen Anlauf: Das Bundeskabinett soll den mehrfach aufgeschobenen Gesetzesentwurf endlich verabschieden. Hans Zehetmair (CSU), bayerischer Wissenschaftsminister, sieht dem gelassen entgegen – und droht mit einer Klage seines Landes gegen die Kompetenzüberschreitung.

Angesichts der Schwierigkeiten, das Hochschulrahmengesetz mit den Ländern abzustimmen, stellt sich die Frage, ob das mit einem Rahmengesetz für Schulen leichter wäre. Soll das neue FDP-Gesetz etwa künftig Lehrern direkt Curriculum und Didaktik vorschreiben? Würde das den schlechten Unterricht verbessern, den der internationale Schulvergleich in Deutschland konstatiert hat? Oder ließe sich per Rahmengesetz das dreigliedrige Schulwesen abschaffen? Es gäbe eine einzige Klagewelle aus dem Süden des Landes.

Über Fördergelder vom Bund freuen sich die Länder bestimmt. Doch dafür ist ein Rahmengesetz nicht nötig, das inhaltliche Vorgaben macht. Um bestimmte Vorhaben an Schulen zu finanzieren, braucht man kein Rahmengesetz, sondern gezielte Verabredungen über konkrete Maßnahmen. Den bürokratischen Aufwand eines Schulrahmengesetzes kann man sich getrost sparen. NICOLE JANZ