So weich, so zart, so sexy

1970 übersetzte Joseph Fischer für Olympia Press Hardcore-Pornos. Sind diese Torpedos der Aufklärung jetzt wieder aufgetaucht? Eine Recherche von Kommissar Zufall (Teil 2)

Was bisher geschah: In der heimlichen deutschen Hauptstadt, dem ICE-Speisewagen, lünkert Kommissar Zufall in die Lektüre einer sehr goldgespickten älteren Dame: ein sexy Heftchen.

Meine Neugier verurteilte mich dazu, weiter Sexy Cora Tiffany mitzulesen: „Riemig wie Pik-Ass durchschritt Jennifer Komatowski die stickigen Räume von Horstihall. ‚Sei recht hart zu mir, Hartmund!’, keuchte sie. ‚Ich bin aus der Zone und weiß es nicht besser! Ich bin einfach nichts Gutes gewohnt und möchte mich nicht mehr umstellen. Und deshalb will ich nur dich!‘ Dr. Bosetzky steckte die Kränkung routiniert weg und räusperte sich jovial. ‚Später, mein Kind, später‘, sprach der alte Bräsig beruhigend und knöpfte seine Hängebacken hinter den Ohren fest. Der eremitierte Langeweiler strich sich die hausschlappenbreiten weißen Koteletten glatt, lächelte väterlich und tätschelte angelegentlich Jennifers H-Milch-weiße Schenkel. Doch die Studentin aus Pirna hatte schon zu lange gewartet. ‚Platonisch! Mach’s mir platonisch! Jetzt und hier! Sofort!‘, schrie sie und riss sich die Mieder vom Leibe. Bosetzky seufzte. Die Pisa-Studie hatte wohl doch nicht übertrieben. Schiere Restlust aber besiegte seinen philologischen Missmut und alle Misantropie. Seine Samenaugen verengten sich, als auch er sich nun anschickte, alle Hüllen fallen zu lassen. ‚Platonisch willst du, platonisch kriegst du!‘, knurrte er heiser und kletterte aus der Angorawäsche. ‚Aber eins vergiss niemals, Baby: Ich heiße Horst. Hörst du? Hochst … Hochst … Hochst …‘ “

Ich hatte genug von diesen elenden Joseph-Fischer-Nachahmern. Bei Gott, keiner konnte mehr Pornos – allein der Hl. Joseph hätte es noch gebracht, aber der stand nicht mehr zur Verfügung, den machte nur noch Berlusconis Pobackenface oder Bushibabys atlantische Freiheitslafette an. Auch meine Tischnachbarin hatte sich fürs Erste satt gestiert. Nach einem weiteren Wein war sie reif für ein anderes Buch, das in ihrer Totekatzetasche stak. Es war war von Franz Alt und nicht neu – Jesus stand auf dem Titel. Auch hier war der Lesezwang stärker als ich: „ ‚Ja, ja, ja, jaa, jaa, jaaah, jjjjjjaaaaahhhhh ––– Jens!‘, schrie sie. Das war zu viel für ihn: Jens. Alles, alles, nur nicht Jens. ‚Stop making Jens!‘, grollte er und verweigerte sich ihrer Lust auf billigen Wegwerfsex, bis sie nicht mehr Jens sagen konnte. Sondern nur noch: Jesus! Das aber ließ sich der ausgemusterte Nazarener Schmerzensmann keineswegs zweimal sagen. Erstaunlich munter wuchtete er sein Wellfleisch vom Kreuz und schleppte sich nach Eboli, um Santa Bianca zu erklimmen, die anämische Wasserstoffblonde, die leider auch nur mit Weihwasser kochte …“

Och nö. Lieber läse ich dann wirklich Joseph Fischers Porno-Übersetzungen von vor gut 30 Jahren. Aber wer grübe sie aus? Jörg Schröder, damals Verleger von Olympia Press, gibt nur preis, dass Fischer „mehrere harte Sachen“ übersetzte, die er später, als hessischer Minister, in einem Interview zu „Softpornos“ herunterbeschwichtigt habe. Mehr will Jörg Schröder nicht sagen, um Fischers politische Feinde nicht gratis mit Wahlkampfmaterial zu versorgen.

Gut 100 Bände Masturbationsmunition hat die Olympia Press damals übers Land geworfen – an welchen von ihnen war Joseph Fischer übersetzend beteiligt? Allez hopp, Top-Journalisten – an die Arbeit! Spurensuche und alles durchgekämmt: Mit heißem Ohr und heißer Hand / Recherchedienst am Vaterland! Und wenn unsere vierte Gewalt, die Investigative, schon an den Start geht: Kann mir bei der Gelegenheit bitte jemand verraten, was in der angeblichen Anglerzeitschrift Rute & Rolle steht? Bei aller Lesesucht bringe ich es einfach nicht fertig, so ein pornografisch klingendes Erzeugnis zu kaufen. Aber neugierig bin ich doch. WIGLAF DROSTE