Schonfrist für den Beamten auf Zeit

Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit ist faktisch unkündbar. Trotzdem wird unentwegt über seine Entlassung spekuliert oder sein Rücktritt gefordert. Regierung will erst einmal „Strukturprobleme“ klären und Beratungen im Bundestag abwarten

von ULRIKE HERRMANN
und JENS KÖNIG

Der Kanzler hat gesprochen, aber was hat er eigentlich gesagt? Das wurde gestern zunehmend undeutlicher. Dabei hatte zunächst alles so klar ausgesehen. In Radio-Interviews hatte Gerhard Schröder am Sonntag ausdrücklich bedauert, dass die Regierung keine Möglichkeiten habe, über die Zukunft von Bernhard Jagoda zu befinden. Ob er Präsident der Bundesanstalt für Arbeit bleibe – das könnten „nur diejenigen entscheiden, die auch die Macht dazu haben“. Und das sei der Vorstand der Bundesanstalt für Arbeit. „Zunächst.“

Es klang wie eine Drohung. Oder doch nicht? Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye bemühte sich gestern um eine moderate Interpretation. Zunächst seien die „Strukturprobleme“ und „Verantwortlichkeiten“ der Bundesanstalt zu klären, erst danach die Personalfragen zu entscheiden. Wie es zu den geschönten Arbeitsmarktstatistiken kommen konnte und was daraus zu lernen ist – dies sollen nun die Beratungen am Mittwoch und Donnerstag im Haushalts- und Sozialausschuss des Bundestages ergeben. „Warten wir doch den Verlauf der Woche ab“ – mehr wollte Heye nicht zur Zukunft von Jagoda sagen.

So unklar dessen Zukunft politisch auch sein mag – arbeitsrechtlich ist sie eindeutig. Jagoda ist praktisch unkündbar. Er ist weder ein normaler Angestellter noch ein politischer Beamter, sondern „Beamter auf Zeit“. Er kann daher nur entlassen werden, wenn „klare Dienstverfehlungen“ nachweisbar sind. „Das ist nicht der Fall“, meinte jedoch gestern Klaus Vater, Pressesprecher des Bundesarbeitsministeriums. Und: „Damit ist die Geschichte für uns klar.“

Genauso klar ist sie für den Vorstand der Bundesanstalt für Arbeit. Man werde mit Jagoda weiterhin vertrauensvoll zusammenarbeiten. „Denn anders als der Kanzler meint, hat der Vorstand keinerlei Kompetenzen, wenn es um die Berufung oder Abberufung des Präsidenten der Bundesanstalt geht“, so der Vertreter der Arbeitgeber, Christoph Kannengießer zur taz. Dass der Kanzler in seinen Radio-Interviews das Gegenteil behauptet habe, sei wieder eines der typischen „Verwirrspiele“. Dienstherr von Jagoda bleibe der Arbeitsminister. Dies scheint inzwischen auch Regierungssprecher Heye so zu sehen. Die Zukunft des Herrn Jagoda sei doch „in sehr guten Händen beim Bundesarbeitsminister“. Und wie gesagt, der sieht im Augenblick keine schweren Dienstverstöße.

Während auch CDU-Parteivorsitzende Angela Merkel gestern davor warnte, Jagoda zum alleinigen Sündenbock zu machen, forderten die Grünen erneut seinen Rücktritt. „Jagoda würde den Arbeitslosen einen Gefallen tun, wenn er für den Skandal seiner Behörde die persönliche Verantwortung übernähme“, sagte Parteichef Fritz Kuhn nach einer Sitzung des Bundesvorstandes in Berlin.

Zudem wollen die Grünen die Bundesanstalt für Arbeit durch eine unabhängige Unternehmensberatung untersuchen lassen. „Münchhausen konnte sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen – der Bundesanstalt wird das nicht gelingen“, so Kuhn.

Der Arbeitgebervertreter im Vorstand der Bundesanstalt steht diesem Vorschlag offen gegenüber. Doch gab Kannengießer gegenüber der taz zu bedenken, dass verhindert werden müsse, dass die Unternehmensberater dabei „mit sich selbst Geschäfte machen“.