„Keinen Pfennig draufgezahlt“

■ Bürgerschaft stritt um Siemens-Hochhaus: War es Wirtschaftsförderung zur Standortsicherung, ein normales Immobilien-Geschäft oder ein Symbol für bremische Misswirtschaft?

„Das Siemens-Hochhaus ist ein Symbol für die Misswirtschaft der großen Koalition“, erklärte die Fraktionssprecherin der Grünen, Karoline Linnert, gestern in einer heftigen Bürgerschafts-Debatte. Der Senat habe „die Stadt zum Gespött gemacht“. Der baupolitische Sprecher der CDU, Dieter Focke, konterte, Linnert habe wohl wirtschaftliche Nachhilfe nötig: Die Stadt habe bei dem Hin und Her mit dem Siemens-Haus „keinen Pfennig draufgezahlt“.

1997 hatte Bremen der Firma Siemens das damals auf dem Markt unverkäufliche Hochhaus für 20,2 Millionen Mark abgekauft. Versehen mit einem Mietvertrag über 30 Jahre ging die Immobilie dann an die Baufirma Zechbau, die sie kräftig sanierte und für rund 35 Millionen Mark an die Münchener Immobilien-GmbH Columbus Capital weiterreichte. Die bietet nun Beteiligungen im Rahmen eines „geschlossenen Immobilienfonds“ mit einer garantierten Rendite von sechs bis sieben Prozent an Geldanleger an.

Die Stadt hat sich offenbar zur Freude der Anleger unprofessionell verhalten, das war der Vorwurf der Grünen. „Sie können in der Immobilienbranche fragen wen Sie wollen, alle schütteln nur den Kopf“, erklärte Linnert.

In acht Geschosse des Siemens-Hochhauses soll in den kommenden Monaten das Amt für Stadtplanung und Bau einziehen, in die oberen Geschosse die Bausenatorin und Teile des Sozialressorts.

Dass das Hochhaus dem Siemens-Konzern überhaupt abgenommen wurde, habe „auch wirtschaftsfördernden Charakter“ gehabt, räumte Finanzsenator Hartmut Perschau ein. Siemens wollte seine zerstreuten Verwaltungen, die auch für Teile Niedersachsens zuständig sind, in der Nähe einer Autobahn-Auffahrt zusammenführen. Die Steuern, die Siemens jedes Jahr zahlte, seien „um ein Vielfaches höher“ als der Preis, den Bremen bezahle, das ganze also ein Stück „Standortsicherung“.

Die Miete im Siemens-Haus werde nicht teurer als das, was die umziehenden Behörden im Durchschnitt bisher bezahlt haben, versicherte Perschau. 8,18 Euro Kaltmiete sollen Haupt- und Nebenflächen kosten, über die erwarteten Nebenkosten in dem Hochhaus gab der Senat keine Auskunft.

Warum hat die staatliche Bremer Investitionsgesellschaft (BIG) das Gebäude nicht selbst saniert und teuer weiterverkauft, fragte Linnert. Mangels Gewinn in der Bilanz könne diese Instandsetzungskosten nicht von der Steuer absetzen, erklärte Focke. Zudem sei der Immobilienfonds mit rund sieben Prozent nicht sehr attraktiv.

Die Steuerersparnis durch Sanierungsaufwand ist nun ein Argument für Anleger. Wer vergangenes Jahr eingestiegen ist, konnte seine Beteiligung zu 100 Prozent von der Steuer absetzen. Der Immbolienfonds Siemens-Hochhaus habe einen sehr hohen Eigenkapital-Anteil, sei schon deswegen sehr interessant für Anleger, heißt es bei der Sparkasse, die die Beteiligungen anbietet. Geradezu traumhaft für Anleger und beispiellos im Immobilienbereich komme hinzu, dass der Mietvertrag mit dem Staat 30 Jahre ohne Sonderkündigungsrechte bindend sei und die Inflationsrate voll auf die Miete umgelegt werden darf.

Die BIG hatte beim Verkauf der Immobilie an Zechbau in einer Protokoll-Notiz festgehalten, dass dies „auf Wunsch des Finanzsenators“ geschah. Die BIG hätte gern einen Teil des Risikos dem Käufer gelassen. K.W.