utah und andere
: Ein erster Dopingfall

Der Schein trügt

Manchmal muss man nur ein wenig warten können, der Rest kommt dann schon von ganz alleine. Diesmal wurde die Geduld am Montag belohnt: Die 19. Olympischen Winterspiele in Salt Lake City vermeldeten ihren ersten Dopingfall – und er bot so ziemlich alles (außer einer Portion Zahnputzpaste), was Dopingfälle gemeinhin so schaurig spannend macht: Eine Sportlerin aus Weißrussland, die Short-Trackerin Julia Pawlowitsch nämlich, die mit dem anabolen Steroid Nandrolon erwischt wurde, eine Transportkiste, die nicht vorschriftsmäßig versiegelt war (was die darin befindliche Positiv-Probe wertlos machte), und schließlich wieder Frau Pawlowitsch, die unter Beihilfe ihres Teamleiters untertauchte, noch bevor ihr eine weitere Probe entnommen werden konnte.

Das ist schon wieder – und wie immer, wenn es um Doping geht – eine ganz schön verworrene Geschichte. Neu daran aber ist, dass das IOC diesmal ungewohnt unnachsichtig abgestraft hat: Der durch die Flucht unmöglich gemachte zweite Test wurde als positiv gewertet (was laut Statuten durchaus so vorgesehen ist), Sportlerin samt Missionschef von den Spielen suspendiert, zudem die finanziellen Zuwendungen an das weißrussische NOK für dieses Jahr, immerhin 120.000 Dollar, gestrichen. So rigide fielen Sanktionen gegen Betrüger bisher selten bis noch nie aus.

Das ist natürlich erfreulich, übermäßigen Anlass zum Jubel aber liefert es nicht – und schon gar nicht kann es den Anschein erwecken, man habe es in Salt Lake City tatsächlich nur mit einer gedopten Sportlerin zu tun und deshalb mit nahezu chemiefreien Spielen. Nur zur Erinnerung: Kurz vor Olympia wurde die bereits in Salt Lake City weilende russische Skilangläuferin Natalja Baranowa-Masolkina mit Epo erwischt und gesperrt; der US-amerikanische Bobstar Todd Hays muss auf seinen Anschieber Jovanovic verzichten, der gerade eine zweijährige Nandrolon-Sperre absitzt; mit dem gleichen Stoff im Blut war auch der lettische Bobpilot Sandis Prusis angetroffen worden, starten darf er nach nur dreimonatiger Sperre dennoch, was an sich schon ein Skandal ist. Und schließlich: Längst sind noch nicht alle Proben genommen oder gar analysiert. Manchmal muss man nur ein wenig warten können. FRANK KETTERER