Verfemt, gefoltert und rehabilitiert

Die Exagentin des peruanischen Militärgeheimdienstes, Leonor La Rosa, kehrt nach jahrelangem Exil nach Peru zurück

Mit einem Blumenstrauß in der Hand lag sie auf einem Krankenbett mit hochgestellter Rückenlehne. Vor ihr Fotografen und Kameraleute, neben ihr fast das gesamte Kabinett und Perus Präsident Alejandro Toledo. Nach über vier Jahren Exil in Schweden war die frühere Agentin des Militärgeheimdienstes Leonor La Rosa Bustamante am Sonntag nach Peru zurückgekehrt, um rehabilitiert zu werden. „Leonor, Freundin der Demokratie und Peruanerin, als verfassungsmäßiger Präsident bitte ich dich heute im Namen des Staates um Verzeihung“, sagte Toledo während der Zeremonie. Dann zog er aus seiner Anzugjacke einen Scheck. 120.000 Dollar Schmerzensgeld erhielt die Agentin für die Folter, in Folge deren sie querschnittsgelähmt ist.

La Rosa gehörte bis 1997 dem Militärgeheimdienst des Regimes von Alberto Fujimori an. In jenem Jahr soll sie Journalisten geheime Informationen über die Operationen „Naval“ und „Bermuda“ zugespielt haben. Zweck dieser Operationen war die Vorbereitung von Kampagnen und Attentaten gegen Fujimori-kritische Journalisten und Medien durch den Geheimdienst. Sofort suchten die Geheimdienstgeneräle nach den Verrätern in den eigenen Reihen und stießen auf Leonor La Rosa.

Im Februar 1997 wurde sie von ehemaligen Kameraden entführt und in der Geheimdienstzentrale mit Elektroschocks gefoltert. In einer Anzeige der Menschenrechtsorganisation Aprodeh im Namen von La Rosa vor der Interamerikanischen Menschenrechtskommission gegen die damalige peruanische Regierung heißt es: „Als Folge der Folter hat sie eine schwere Verletzung des Rückenmarks und muss in einem Rollstuhl liegen.“

Die Rückenmarkverletztung ist so schwer, dass La Rosa noch nicht einmal mehr im Rollstuhl sitzen kann. Erst als ein lokaler Fernsehkanal La Rosa am Krankenbett interviewte, kam der Fall in die Öffentlichkeit. Doch die Akte La Rosa, die bei der Interamerikanischen Menschenrechtskommission unter der Kennziffer 11.756 archiviert wurde, sorgte vor allem außerhalb der Landesgrenzen für Aufregung. Im Peru Fujimoris und seines De-facto-Geheimdienstchefs Vladimiro Montesinos wurde in dem Fall nicht ermittelt.

Im Gegenteil. Schnell setzte eine Kampagne des Geheimdienstes ein, um La Rosa zu diffamieren. Ein Oberst des peruanischen Heeres versicherte, La Rosa sei bei den Streitkräften als Prostituierte bekannt gewesen. Er selbst habe mit ihr mehrfach bezahlten Sex gehabt. Der Oberst wurde am Montag vom Dienst suspendiert, weil er sich weigerte, im Fall La Rosa auszusagen.

Die schwedische Regierung gewährte La Rosa 1998 Asyl und das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) ihr Schutz und Unterstützung. In Schweden lässt sich La Rosa auch ärztlich behandeln, daher will sie sich maximal vier Tage in Peru aufhalten. An eine endgültige Rückkehrt hat sie noch nicht gedacht.

Präsident Toledo versprach, die Verantwortlichen für das Verbrechen an La Rosa „zu identifizieren und zur Rechenschaft zu ziehen“. Auch wird ihr die Regierung als ehemaliger Angehöriger der Streitkräfte eine Rente bezahlen und für ihre Krankenkosten aufkommen. Bei der Zeremonie zu ihrer Rehabilitierung fand La Rosa nur wenige Worte. „Tausend Dank und hoffentlich wird jetzt Gerechtigkeit geübt“, sagte sie, bevor sie aus dem Saal geschoben wurde. INGO MALCHER