Schröder lässt Armut bekämpfen

Gestern traf sich erstmals ein Dialogforum aus Wirtschaft, Politik und Medien und diskutierte über die Umsetzung des Aktionsplans der Bundesregierung zur Armutsbekämpfung. An guten Ideen fehlt es nicht, dafür aber an Geld

von KATHARINA KOUFEN

Dem Bundeskanzler ist der Aktionsplan zur Armutsbekämpfung „ein ganz besonderes Anliegen“. Das wollte er gestern eigentlich auch noch mal sagen – nachzulesen im Manuskript für seine fest versprochene Rede zur Eröffnung des „Dialogforums zur Armutsbekämpfung“. Doch dann kam er nicht: Die Pressekonferenz zur Fusion der nord- und ostdeutschen Energieversorger war ihm wichtiger.

Dabei ist es einer Initiative Gerhard Schröders (SPD) zu verdanken, dass sich gestern 26 Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Medien in der Berliner Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) trafen, um über Armutsreduzierung zu diskutieren. Hatte er doch im Herbst 2000 auf dem UN-Millenniumsgipfel in New York versprochen, einen Aktionsplan zur Bekämpfung der Armut in der Welt erstellen zu lassen. Als „deutschen Beitrag“ zu dem Ziel, „bis zum Jahr 2015 den Anteil der in extremer Armut lebenden Menschen zu halbieren“.

Wie der Plan, den die federführende Entwicklungsministerin im April letzten Jahres vorstellte, umgesetzt werden kann, beschäftigte nun also Prominente wie Exbundespräsident Richard von Weizsäcker, Talkmasterin Sabine Christiansen und Birgit Breuel, ehemals Treuhand- und Expochefin, heute Aufsichtsratsmitglied bei Gruner + Jahr. Aber es gab auch Teilnehmer, die eher vom Fach sind. Etwa Reinhard Hermle, Vorsitzender des Dachverbandes der Entwicklungsorganisationen, Venro, Ingeborg Schäuble von der Welthungerhilfe und Grünen-Vorsitzende Claudia Roth. Und dabei ist auch die Wirtschaft, vertreten durch Industrie-Vorstände wie Matthias Kleinert von DaimlerChrysler oder Bernd Stecher von Siemens. Die Teilnehmer des Forums sollen sich von jetzt an einmal im Jahr treffen.

Alle zusammen sollen „einen Beitrag zur Verankerung des Themas Armutsbekämpfung in der Gesellschaft“ leisten, sagte Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD). Zum Beispiel die Medien: „Ich stelle mir vor, dass Zeitungen Patenschaften für bestimmte Länder übernehmen und gezielt von dort berichten – nicht nur, wenn es Katastrophen gibt“, sagte sie und schlug als ersten Schwerpunkt Afrika vor. Oder die Wirtschaft: „Unternehmen leisten einen Beitrag, wenn sie in den UN-Aidsfonds einzahlen.“ Dazu könnten sie sich selbst verplichten, die Kernarbeitsnormen zu respektieren. „Und sie sollten Entwicklungspartnerschaften eingehen.“ Immer mehr Projekte werden vom Staat und privaten Unternehmen gemeinsam finanziert. In den letzten beiden Jahren wurden über diese „public private partnerships“ 1,4 Milliarden Euro investiert.

Und in nächster Zeit dürfte privates Kapital noch wichtiger werden. Denn mit mehr Geld für das Entwicklungsministerium rechnet in Regierungkreisen niemand, so lange die Haushaltslage angespannt ist. Zwar sagte Wieczorek-Zeul auch gestern wieder, das „Ziel der Regierung ist nach wie vor, die Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen“.

Doch sie wusste auch keine Antwort auf die Frage eines Journalisten, wo denn die 50 Milliarden US-Dollar jährlich herkommen sollen, die UN-Generalsekretär Kofi Annan zur Armutsbekämpfung für nötig hält. Die Bundesrepublik, weltweit immerhin drittgrößtes Geberland, hat sein Entwicklungsbudget nach dem 11. September lediglich um 100 Millionen Euro erhöht. Das ist weniger als ein Drittel der Summe, die allein die Beteiligung der Bundeswehr an der internationalen Schutztruppe kosten soll.

Statt im Nachhinein Soldaten zu schicken, müsse Armut „präventiv“ bekämpft werden, forderte Wieczorek-Zeul und kritisierte die militärischen Pläne der USA: „Wenn andere das nicht wollen, sollten wir uns nicht daran beteiligen.“ Auch von Weizsäcker hielt es für falsch, sich zu sehr auf das Thema Sicherheit zu konzentrieren. So sollte sich die Macht der UNO nicht nur auf den Sicherheitsrat beschränken, sondern auch „auf Fragen der Gerechtigkeit und der Bekämpfung der Not in der Welt“.