Fit für die Friedensbewegung

■ Ernst Busche wird 70 – und dennoch ist er der wohl agilste Friedensbewegte Bremens

Er ist ein Querulant, ein Quertreiber, ein Anti – sagen die einen. „Diese Leute halten mich gesund“ – sagt Ernst Busche. „Ich habe einen niedrigen Blutdruck und brauche Menschen, die mich in Rage bringen.“ Eigentlich hat er die Rage gar nicht mehr nötig. Seit Jahrzehnten setzt sich Busche in Bremen für den Frieden ein. Fast keine Demo, kein Marsch, kein Forum, wo er nicht mitgewirkt hätte. Gestern ist Busche 70 geworden. Und immer noch fit für die Friedensbewegung. Busche: „80 Kilometer radel ich noch locker pro Tag.“

Das Haus in Findorff ist Programm: Himmelblau mit Friedenstaube draufgepinselt. Drin sitzt Friedens-Busche mit Cord-Pantoffeln, buntem Pulli und Button, auf dem „Alle Menschen sind Ausländer – überall“ steht. Und er erinnert sich: An seinen Vater, einen Ingenieur, der schon 1932 in die NSDAP eintrat, an die Jugend in Osnabrück, an Uni und Referendariat in Münster und Hamburg. Und an seine erste Zeit als Lehrer für Erdkunde, Geschichte und Biologie. „1966 bin ich freiwillig aus der Schule ausgeschieden, weil ich nicht einsah, dass man Klassenarbeiten zensieren muss“, erzählt er. Nach ein paar Jahren als Verlagslektor in Stuttgart kam Busche 1972 als Planer für Lehrerausbildung und Biologieunterricht an die rote Universität Bremen, ging von da als Lehrer ans Horner Gymnasium. Dort wurde er 1975 gefeuert, weil er im Geographie-Unterricht über Lateinamerika en passant die Menschenrechtsverletzungen der Militärjunta in Chile angeprangert hatte.

Fast wäre Busche arbeitslos geworden. Doch dann kamen 1978 4.000 US-Soldaten in die Garlstedter Heide. Das war Wasser auf die Mühlen des Freundes des Friedens. Flugs gründete er eine Bürgerinitiative, die „die Baumaßnahmen für die Garnison begleitete“, schwärmt Busche noch heute.

1980 startete der erste Ostermarsch in die Heide, in den Folgejahren blockierte die BI die Kasernentore drei Mal. Die Motorradgruppe „Kuhle Wampe“ transportierte Nachrichten zwischen den von Wasserwerfern und Polizeipferden eingepferchten Demonstranten, bis zu 6.000 Leute machten mit.

Dann die Aktionen gegen die Cruise Missiles und Pershings, als Bremen noch 70 Busse zur Bonner Demo gegen den Nato-Doppelbeschluss entsandte – Busche mittendrin. Als Sponti sammelte er nackt am Uni-See Unterschriften für den Krefelder Appell, als Mitglied war und ist er im Bremer Friedensforum, bei der Deutschen Friedensgesellschaft, der Friedensunion oder der Stiftung für Rüstungskonversion.

Klar, in den 90ern wurde es ruhiger um die Friedensbewegung. Aber nicht um Busche. Der „Berufsdemonstrant“ (Volker Kröning, SPD-Bundestagsabgeordneter) demonstrierte gegen die Bremer Rüstungsschmieden STN Atlas und Dasa, wetterte gegen den Technologiepark im Hollerland oder zuletzt gegen die Einsätze der Bundeswehr. Busche: „Sowas macht mich schon traurig.“

Zum Glück gibt es ja noch das Leserbriefschreiben – das sei viel „effektiver“ als Flugblätter zu verteilen. Bei der taz Bremen sind über 100 Busche-Statements aktenkundig, aber auch die Syker Kreiszeitung und die Frankfurter Rundschau drucken ab. Busche: „Da rufen die Leute wenigstens an und beschimpfen mich.“

Kai Schöneberg

Statt Geschenken bittet Busche um Spenden für den Bremer Solidaritätsbasar (Kto. Alida Klee, Nr. 0171 57 96, Spark. Bremen, BLZ 290 501 01). Am Samstag feiert er ab 11 Uhr zusammen mit seiner Frau Eva den gemeinsamen 120. Geburtstag in der Martin-Luther-Gemeinde in Findorff.