Ein Fax an das reine Nichts

Es gibt Adressen, die kein Mensch jemals fände, gäbe es nicht die hilfreiche Einrichtung der unverlangten E-Mail. Klugerweise hat die namentlich nicht genannte „E-2-B-Redaktion“ in die Betreffzeile gesetzt, ihre Mail sei „kein Spam“. Ist sie wirklich nicht, wie dem Wortlaut leicht zu entnehmen ist:

„Sehr geehrter User, Ihre E-Mailadresse befindet sich bei uns im Branchenbuch. Seit Januar 2002 gelten die neuen Datenschutzbestimmungen, was bedeutet, dass wir alle E-Mailadressen löschen, von denen keine ausdrückliche Gehnemigung mehr vorliegt. Zu diesem Zweck haben wir ein Faxformular für Sie vorbereitet, wo Sie Ihre Tätigkeit, Firma, Behörde, Verein etc. via Telefax bei uns KOSTENFREI eintragen lassen können. Als Dankeschön erhalten alle eingehenden Meldungen bis 01.05. 2002 die Infopage im Branchenbuch KOSTENFREI!! Sie sparen sich auch für die Zukunft die Gebühr von 79 Euro im Jahr. Hier gelangen Sie zum Faxformular: www.agentur.bellsharing.de

Nicht allein das Sparguthaben von 79 Euro lohnt den Klick. Noch überzeugender ist die damit verbundene Fusion der Medien. Die E-2-B-Redaktion bietet ein HTML-Formular an mit Eingabefeldern für persönliche Daten samt Passwort, das zuerst ausgedruckt und dann in das Faxgerät gelegt werden muss. Das eigentliche Produkt der mutmaßlichen Firma ist jedoch unter www.etob.bellsharing.de zu finden. Beruhigenderweise wird dazu ein Server mit der Adresse „bonitaetsauskunft24“ aufgerufen. Auf der ersten Seite schreibt ein gewisser „Klausemann“ Nachrichten der deutschen Presseagentur von gestern. Man kann 5.555 Rundflüge mit einer Cessna gewinnen, wird über das Wetter von München aufgeklärt, kann an einem Forum teilnehmen, irgendetwas „downloaden“ oder Fotos betrachten. Nirgends wird das Vergnügen am Surfen an sich von einem Hinweis auf irgendeinen Zweck gestört. Vielmehr vermittelt das nihilistische Design das Erlebnis einer existenziellen Erfahrung. Im Nichts also, an diesem Unort des Cyberspace, war auch einmal meine Mailadresse gespeichert, so lange jedenfalls, bis die deutsche Regierung auch das noch verboten hat. Wozu bloß? niklaus@taz.de