Korruption in Kiel?

Schleswig-Holsteins SPD-Finanzminister weiter unter Druck. Auch Simonis rügt „Fehler“ bei Auftragsvergabe

HAMBURG taz ■ Claus Möller (SPD), Deutschlands dienstältester Finanzminister, steht weiter unter Druck: Zwar scheiterte gestern im schleswig-holsteinischen Landtag der Antrag der CDU/FDP-Opposition, Möller wegen einer fehrlerhaften Vergabepraxis bei der Einführung eines Computersystems für die Landesregierung zu entlassen. Dafür aber wird ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss, der die „Computer-Affäre“ durchleuchten soll, immer wahrscheinlicher. Im März wird der Landtag über seine Einsetzung entscheiden.

Die Opposition wirft Möller vor, die 1998 erfolgte Einführung eines Kostenrechnungssystems für die Landesverwaltung rechtswidrig über die Bühne gebracht zu haben. Vergabevorschriften seien ignoriert, der parlamentarische Finanzausschuss von Möller getäuscht worden. Zudem wurde bekannt, dass Exfinanzstaatssekretär Joachim Lohmann und eine Ministeriumsmitarbeiterin nach ihrem Ausscheiden aus dem Staatsdienst in die Dienste des Software-Unternehmen SAP getreten waren, das zuvor den Zuschlag für das Computerprojekt bekommen hatte. Die Staatsanwaltschaft prüft deshalb, ob bei der Auftragsvergabe möglicherweise auch Korruption im Spiel war. Möller hatte in der vergangenen Woche „formale Fehler“ bei der Auftragsvergabe eingeräumt. Da die Vergabeentscheidung aber „in der Sache richtig“ gewesen sei, will der seit 1993 amtierende Finanzminister von Rücktritt nichts wissen.

Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) sprach Möller ihr „volles Vertrauen“ aus, räumte aber „Fehler im Vergabeverfahren ein, die nicht hätten passieren dürfen“. Da Möller aber „den Landtag, die zuständigen Ausschüsse und den Landesrechnungshof umfassend an dem Entscheidungsprozess beteiligt“ habe, sei das Verfahren transparent gewesen. Auch für die Grünen sind „die gemachten Fehler kein Rücktrittsgrund.“

Oppositionsführer Martin Kayenburg (CDU) warf dem Minister dagegen „politische Tricksereien“ vor. Und FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki glaubt, sein Rücktritt sei „nur noch eine Frage der Zeit.“ MARCO CARINI