BDI STELLT SEINE HANDLUNGSANSÄTZE ZUM AUFBAU OST VOR
: Für den Osten nichts Neues

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat gestern sein neues Aktionsprogramm zum Aufbau Ost vorgestellt. Die Menschen brauchen eine Alternative zur Abwanderung in den Westen, begründet BDI-Präsident Michael Rogowski den Vorstoß. Was er allerdings als Alternative vorstellte, erinnert an ein altes russisches Sprichwort: Der Dorfteich war im Durchschnitt einen Meter tief und trotzdem ist die Kuh ersoffen.

Flexiblere Arbeitszeiten, weniger Tarifgebundenheit, mehr Staatsknete für die Bildnung – die Politik müsse die Rahmenbedingungen der Wirtschaft verbessern, und zwar gesamtdeutsch. Schließlich steht der Wirtschaft gesamtdeutsch das Wasser bis zum Halse. Wenn man davon ein bisschen abließe, so die BDI-Logik, tauchen auch ein paar Ostfirmen aus den Fluten wieder auf. Das Argument: Eine dynamische Konjuktur in Deutschland kommt auch dem Osten zugute. Was zweifelsfrei stimmt. Leider übersieht der BDI dabei aber, dass die dynamische Konjuktur in der ersten Hälfte der Schröder’schen Amtszeit dem deutschen Westen wesentlich besser zugute kam als dem Osten. Seit 1997 wächst die Wirtschaft Westdeutschlands deutlich stärker als die in den neuen Ländern.

Gern, oft und seit Jahren spricht sich der BDI für die Kürzung von Subventionen aus. Gern, oft und seit Jahren versieht er diese Forderung mit dem hübschen Adjektiv „mittelfristig“. Das ist diesmal nicht anders. Die Investitionszulage für ostdeutsche Unternehmen soll also nicht 2003 auslaufen – wie von der Politik geplant, sondern verlängert werden. Mittelfristig, versteht sich. Das wirklich Neue an der BDI-Subventionskürzungs-Rhetorik ist der Geltungsbereich. Warum denn nicht die Investitionszulage, mit der Vater Staat Arbeit in die neuen Länder zu lotsen gedenkt, auf ganz Deutschland ausdehnen?

BDI-Präsident Michael Rogowaki musste gestern einräumen, dass die Vorschläge aus seinem Haus nicht eben neu seien. Doch das ist nicht die eigentliche Crux. Wesentlich ärgerlicher ist, dass uns der industrielle Lobbyverband seinen Lobbyismus unter dem wieder in Mode gekommenen Etikett „Ostdeutschland“ verkaufen will. Um den Osten Deutschlands, das machen die Vorschläge deutlich, geht es dem BDI überhaupt nicht. Die Konsquenz kann nur heißen: Ab sofort muss die Politik die industriellen Lobbyisten in Sachen Aufbau Ost von der Liste kompetenter Ansprechpartner streichen. NICK REIMER