Hindernislauf in Peking

Die chinesische Führung ist von Bushs „Achse des Bösen“ nicht angetan. Im Falle des Irak rät sie zu friedlichen Methoden. Der US-Präsident möchte mehr Engagement gegenüber Nordkorea sehen

aus Peking JUTTA LIETSCH

Gute Vorsätze und große Hindernisse prägen das Verhältnis zwischen China und den USA. Dies wurde gestern am ersten Tag des Besuchs von US-Präsident George W. Bush in Peking deutlich. Beide Regierungen wollen sich beim Kampf gegen den internationalen Terror künftig „besser verständigen“ und die Zusammenarbeit in vielen Bereichen verstärken, kündigte Präsident Jiang Zemin nach Gesprächen mit Bush an. Der Texaner war am Vormittag aus Seoul zu einem zweitägigen Arbeitsbesuch in der chinesischen Hauptstadt gelandet. Der Tiananmen-Platz im Zentrum der Stadt, Ort häufiger Demonstrationen von Falun-Gong-Anhängern, wurde für Besucher gesperrt. Bush lud Jiang Zemin ein, im Oktober in die USA zu kommen. Vizepräsident Hu Jintao, der auf dem 16. Parteitag im September voraussichtlich neuer KP-Chef Chinas wird, soll noch vorher nach Amerika fahren. Ein Thema der Gespräche waren die Spannungen zwischen Süd- und Nordkorea, das Bush zur „Achse des Bösen“ zählt. Er forderte China auf, sich stärker als „Friedensmacht unter den Nachbarn“ zu engagieren und vor allem auf Nordkorea einzuwirken, die im letzten Jahr abgebrochenen Gespräche mit den USA wieder aufzunehmen. „Meine Regierung hofft, dass sich China deutlich gegen die Weiterverbreitung von Raketen und anderen tödlichen Technologien wendet“, sagte er weiter.

Bush beschrieb die Gespräche mit Jiang als „unverblümt und positiv“ – in der Diplomatensprache ein Hinweis auf große Meinungsunterschiede. Zu den heiklen Punkten, über die beide Seiten sich offenbar nicht einigen konnten, gehörte die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen: Die Amerikaner drängen Peking, eine offizielle Verbotsliste für Raketenteile und andere Hightechgüter aufzustellen, die China nicht mehr an sogenannte „Schurkenstaaten“ wie Nordkorea oder Iran liefern werde. Die Chinesen weigern sich jedoch. Peking halte sich an internationale Verpflichtungen, heißt es. Eine andere Erklärung lieferte ein Regierungsberater: „Da wir nie zugegeben haben, solche Waffen zu verkaufen, können wir doch jetzt nicht ankündigen, es künftig nicht mehr zu tun.“ Washington hat drei chinesischen Firmen den Handel in den USA verboten, weil sie gefährliche chemische und biologische Substanzen und Rüstungstechnologie an Iran geliefert haben sollen.

Neben dem Dauerbrenner Taiwan war ein weiterer Streitpunkt offenkundig der Irak, gegen desen Regime Bush härter vorgehen will – am liebsten mit dem Einverständnis der Chinesen. Peking lege Wert auf friedliche Methoden, sagte Jiang und mahnte den Gast zu mehr Geduld. „Wer übereilt handelt, kommt langsamer zum Ziel“, zitierte er ein Sprichwort. Zweimal ignorierte Jiang die Frage, warum zahlreiche katholische Bischöfe und Anhänger anderer Glaubensgemeinschaften in China in Gefängnisse und Arbeitslager geworfen werden. Schließlich entschied sich der mächtigste Mann Chinas doch zu einer Antwort: Die chinesische Verfassung garantiere Religionsfreiheit. Niemand sei wegen seines Glaubens im Gefängnis, sondern weil er „gegen das Gesetz verstoßen“ habe, behauptete Jiang kühl – und meinte damit offenkundig die Vorschrift, nach der sich die Chinesen nur in wenigen, staatlich kontrollierten, Religionsvereinigungen organisieren dürfen. Das sei „ein Problem der Justiz“, und darauf, sagte der Präsident, „habe ich keinerlei Einfluß“.