Interniert im Ferienparadies

Auf den Kanarischen Inseln werden Boat-People aus Afrika unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten – in alten Gebäuden jener Flughäfen, wo die Sonnentouristen aus Europa landen

BERLIN taz ■ Die Behörden auf den zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln halten Hunderte von afrikanischen Migranten unter unmenschlichen Umständen fest. In einem gestern veröffentlichten Bericht spricht die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) von „fürchterlicher Behandlung“ und fordert ein sofortiges Eingreifen unter anderem des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR und des UN-Antifolterkomitees.

„24 Tage lang sah ich die Sonne nicht“, schildert ein Migrant aus Guinea-Bissau seine Haft auf Fuerteventura im September 2001. Auf dieser Insel sind laut HRW bis zu 500 Menschen zum Teil wochenlang in der 30 mal 30 Meter großen Gepäckausgabehalle eines alten Flughafengebäudes interniert, wo nach Meinung des Roten Kreuzes höchstens 50 Menschen Platz hätten.

„Es gibt keine Privatsphäre, keine Belüftung, keine gute Waschmöglichkeit und man kann sich nicht bewegen“, zitiert der Bericht einen Chefarzt des Krankenhauses von Fuerteventura, der die Halle kennt. Sie ist aufgeteilt in einen Männer- und einen Frauenbereich, dazu einen Polizeiraum und hat insgesamt sechs Toiletten und fünf Duschen. Im Dezember verbrachte ein sechsjähriges Kind aus Senegal zehn Tage im Frauenbereich, getrennt von seinem Vater und völlig verängstigt, bevor die beiden dem Roten Kreuz übergeben wurden. Es gibt kein warmes Wasser und keinen Platz für medizinische Untersuchungen.

Ein Mitarbeiter des Spanischen Roten Kreuzes sagt: „Es gibt kein Recht, einen Anwalt zu sehen, besucht oder angerufen zu werden. Sie leben und schlafen in einem Raum und können nie hinaus.“ Ähnlich seien die Bedingungen auf Lanzarote. HRW wurde der Zugang zu diesen Einrichtungen verwehrt, die Organisation stützt sich auf Interviews mit Migranten und Mitarbeitern der Behörden und Sozialdienste.

Hier landen alle Afrikaner, die die spanische Zivilgarde auf Booten vor den Küsten der beiden Inseln aufgreift und der Polizei übergibt. Diese bringt sie in die Flughäfen, wo manche bis zu 40 Tage bleiben müssen, um dann wieder deportiert zu werden. Die Zahl gefasster Boat-People an den Küsten der Kanaren ist von 2.241 im Jahr 2000 auf 4.035 im Jahr 2001 gestiegen und lag allein im Januar 2002 bei über 500. Schärfere Kontrollen auf der Meerenge zwischen Marokko und dem spanischen Festland haben die Kanaren zum neuen Traumziel nord- und westafrikanischer Auswanderer gemacht. Fuerteventura und Lanzarote sind unter den Kanarischen Inseln die wichtigsten Ziele, weil sie Afrika am nächsten liegen.

Die Behörden sprechen dem Bericht zufolge von „provisorischen“ Notunterkünften. Doch der rapide Anstieg der illegalen Migration verschärft laut HRW die Situation immer weiter. Von Plänen zur Verbesserung der Lage der Flughafeninsassen sei nichts bekannt. D. J.