Dem Kulturfrühling fehlt es an Kleingeld

■ Kultursenator Kuno Böse schien einen überraschend guten Start in seinem neuen Amt hinzulegen. Nun stockt es. Über einige Problemzonen sprachen wir mit der kulturpolitischen Sprecherin der SPD, Carmen Emigholz

taz: In der bremischen Kulturpolitik herrschte ein paar Wintermonate lang ziemlich Sonnenschein. Alle haben gestaunt, was der neue Kultursenator, der ja auch für die Polizei zuständig ist, alles hinkriegt. Und jetzt klemmt es überall. Zum Beispiel beim Philharmonischen Staatsorchester. Es gibt einen neuen Generalmusikdirektor, also Dirigenten, der seinen Vertrag unterschrieben hat, aber die zehn zusätzlichen Orchesterstellen, die ihm versprochen worden sind, werden nicht besetzt. Oder?

Carmen Emigholz: Grundlage für die Besetzung der Stellen ist das Unterzeichnen des GmbH-Vertrages. In einer Strukturreform soll das Orchester, das derzeit noch eine nachgeordnete Behörde ist, in eine moderne Gesellschaftsform mit einem professionellen Management überführt werden.

Gibt es den Vertrag? Warum wird er nicht unterschrieben?

Der Vertrag ist leider nicht fertig, das ist das Problem. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass es einen Gründungsgeschäftsführer geben sollte, der den Vorgang schneller voranbringen könnte, das wurde aber vom Orchester nicht begrüßt.

Gibt es noch inhaltliche Klippen?

Das kann man schlecht voraussagen. Es gibt eine Unsicherheit beim Orchester, ob die zusätzlichen Stellen wirklich solide finanziert sind.

Ein anderer Bereich, in dem es nun kneift, ist der der Museen. Der Kultursenator hat offenbar trotz einer Zusage im Dezember dem Focke-Museum und anderen angekündigt, dass die Haushaltsmittel gekürzt werden. Ersatz soll es eventuell aus einem anderen Topf geben.

Bei den Haushaltsberatungen war die Kürzungsquote, die erforderlich ist wegen der Rückstellungen für Haushaltsrisiken, nicht bekannt. Nun muss der Kulturbereich in dem Doppelhaushalt 2002/2003 drei Millionen Mark einsparen. Daraufhin war der „Umbaufonds“, in dem zehn Millionen Mark zur Verfügung stehen sollen, schon gut gebucht, wenn man einen Ausgleich schaffen wollte. Diese Kürzungen sollen aber nicht ab 2004 fortgeschrieben werden, da soll der Etat 133,8 Millionen Mark betragen.

Aber das Geld in dem Umbautopf ist doch ein Kredit, den der Finanzsenator aufgenommen hat und den er nicht nach Berlin und Brüssel als Neuverschuldung meldet, weil er sagt: Das wird zurückgezahlt, später.

So ist es.

Dann muss das Focke-Museum das Geld in fünf Jahren wieder zurückzahlen oder wie?

Ich bin nicht dafür, den Einrichtungen das Rückzahlen aufzubürden. Es wäre unredlich, so zu tun, als wäre das leistbar. Wir müssen ein Modell überlegen, in dem das Ressort die Gesamtverantwortung für die Risiken übernimmt und die Einrichtungen mit verbindlichen Zusagen arbeiten können.

Wer soll diese Umbautopf-Gelder zurückzahlen?

Dazwischen sind ja erst einmal neue Haushaltsberatungen. Man wird sich die Erfahrungen ansehen, wie mit den Mitteln des Umbau-Topfes gearbeitet wird. Da kommt man um eine kritische Analyse nicht herum. Bei den Museen sehe ich aber keinerlei Einsparpotentiale.

Der neue Kultursenator hat im Dezember in der Bürgerschaft gesagt, er wolle im Januar das Thema „Kulturhauptstadt Europas“ in den Senat bringen. Der Januar ist um, was ist daraus koalitionsintern geworden?

Es läuft eine sehr qualifizierte Vorbereitung zu der Frage, ob man Bremen als europäische Kulturhauptstadt anmeldet. Diese Initiative der Opposition wird seriös bearbeitet. Man muss genau ausloten, welches Potential in Bremen dafür steckt. Erst wenn man das genau geprüft hat, sollte man die Lobby-Arbeit beginnen. Ich halte nichts davon, den Senat mit einer heiß gestrickten Vorlage, die nicht fundiert ist, zu überrumpeln.

Das hat aber der Kultursenator nicht gewollt, oder?

Natürlich nicht. Aber wenn man nach Abschluss der Haushaltsberatungen noch viel zu tun hat, um die Einrichtungen in ihrem Bestand zu sichern, halte ich es für wenig sinnvoll, schon das nächste Schiff aufs Wasser zu setzen. Wir organisieren das eine richtig und dann wenden wir uns dem nächsten Projekt mit gleicher Seriosität zu.

Ganz seriös ist jetzt die Diskussion über das Musikfest beendet worden: Die Wirtschaftsförderausschüsse haben den Etat auf dem deutlich angehobenen Niveau bis 2006 festgeklopft. Hat die Kulturdeputation da eigentlich überhaupt nicht mitzureden?

Finanzrechtlich hat die Kulturdeputation nichts zu sagen, weil das Geld vom Wirtschaftssenator kommt.

Das bedeute: Geld für die Glocke oder für das Musikfest ist Wirtschaftsförderung wie Geld für Eduscho oder Siemens?

Ja, so ist es. Aber es soll Gespräche zwischen den Ressorts geben mit dem Ziel, die Förderung der bremischen Musiklandschaft zusammenzubinden. Ich kann für die Fachdeputation sagen, dass wir uns dem Schwerpunkt Musikförderung besonders zuwenden.

Der Kultursenator hat erklärt, in keinem der anderen 15 Bundesländer gäbe es das Phänomen, dass der Kultursenator für ein anspruchsvolles Musikfest der Kommune keine Verantwortung trägt. Warum ist das in Bremen so?

Als ich 1995 ins Parlament kam, war das schon so. Inzwischen gibt es aber eine Einsicht, in diesem Bereich Verantwortlichkeiten zusammenzuführen.

Das klingt ja so, als könnte es demnächst eine Senatorin für Wirtschaft und Kultur geben?

Darüber möchte ich nicht spekulieren.

Macht es Sinn, bei der Knappheit der Mittel, das Musikfest deutlich besser auszustatten als bisher?

Wenn man eine vorausschauende Finanzplanung macht, sicherlich. Man kann ein Projekt am unteren Rand ausstatten und dann jedes Mal Geld nachbewilligen, wenn der Etat überzogen worden ist. Da ist es redlicher, von vorne herein eine realistische Finanzplanung zu machen. Bremen hat bisher für das Musikfest de facto das Geld ausgegeben, das jetzt für die nächsten Jahre im Plan steht.

Und in den nächsten Jahren wird dann der neue Etatansatz nicht überzogen?

Damit sind die Möglichkeiten kulturwirtschaftlicher Förderung für ein solches Projekt wirklich ausgereizt. Auch die Sponsoring-Mittel, die bei den Firmen der Stadt aufzutreiben sind, sind begrenzt.

Private Sponsoring-Gelder, die ins Musikfest gehen, fehlen woanders?

Die fehlen woanders. Das will ich jetzt nicht diskreditierend gegen das Musikfest sagen. Ich will nur sagen: In der Stadt gibt es ein begrenztes finanzielles Potential, sowohl im öffentlichen wie im privaten Bereich, und das können wir nicht beliebig überreizen.

Fragen: K.W.