Der Neue

Florian Gerster (SPD) hat sich in Rheinland-Pfalz bewährt

FRANKFURT taz ■ Der Kanzler freute sich über seinen Coup: Mit dem rheinland-pfälzischen Sozialminister Florian Gerster konnte er den „Erfinder“ des Kombilohnmodells als neuen Chef der Bundesanstalt für Arbeit präsentieren – und einen Genossen dazu. Dem Ruf von Schröder konnte sich der Oberstleutnant der Reserve nicht entziehen. Parteisoldaten ducken sich nicht weg. Und der rechte Sozialdemokrat Gerster ist einer.

Viel lieber wäre der 52 Jahre alte Diplompsychologe im vergangenen Jahr Wirtschaftsminister des Landes geworden. Doch wenn die FDP mitregiert, ist der Job schon immer vergeben. Die Wirtschafts- und Finanzpolitik jedenfalls ist sein Steckenpferd; und die Gesundheitspolitik auch. Die Sozialpolitik sowieso. Gerster, das Multitalent. So sieht er sich selbst gerne. Seine Kritiker bei Grünen und CDU in Rheinland-Pfalz halten ihn – „mit Einschränkung“ (Grüne) – wenigstens für einen guten Sozialpolitiker. Das, was die Bundesanstalt für Arbeit jetzt erst „lernen“ soll, nämlich die Beauftragung privater Vermittler mit der Jobsuche für Arbeitslose, praktiziert Gerster in Rheinland-Pfalz schon lange erfolgreich. Und während anderswo die Arbeitslosenzahlen aktuell steigen, sinken sie im Land der Rüben und Reben. Mit 6,6 Prozent ist die Landesarbeitslosenquote vergleichweise niedrig. Florian Gerster: der richtige Mann am richtigen Platz?

Erst vor kurzem forderte Gerster neue Arbeitsmarktreformen. Er sprach sich dafür aus, die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld auf zwölf Monate im Regelfall zu begrenzen. Außerdem müssten Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammengelegt werden.

Aufsehen erregte Gerster auch mit einem geplanten Modellversuch in der Gesundheitspolitik: Ärzte sollten den Patienten die Behandlung mit einer Abrechnung quittieren. Es fanden sich jedoch nicht genügend Ärzte, die mitmachen wollten.

Zuvor schon hatte sich Gerster als Sozialdenker profiliert: In seinem 1997 erschienenen Buch „Gesellschaft mit beschränkter Haftung: Gewinner und Verlierer im Sozialstaat“ forderte er einen neuen Grundkonsens für den Sozialstaat, in dem die Eigenverantwortung des Einzelnen einen höheren Stellenwert haben sollte.

Gerster hat neben Psychologie Betriebswirtschaft studiert. Zehn Jahre lang war er freiberuflich als Personalberater tätig. Da saß er schon im Landtag. Und von 1987 bis 1991 im Bundestag. Ministerpräsident Rudolf Scharping, mit dem Gerster eine Hassliebe verbindet, holte ihn 1991 als Minister für Bundesangelegenheiten und für Europa in sein Kabinett. Unter Beck wurde er dann 1994 Sozialminister. Von der Macht der Medien hat er vermutlich auch viel Ahnung: Gerster ist der ältere Bruder der ZDF-Nachrichtenmoderatorin Petra Gerster. K.-P. KLINGEL.SCHMITT