K- und G-Frage

■ Defftig Ollnborger Gröönkohl-Äten in Berlin: Majestäten wechsln, Merkel meckert, Funke grollt

Niedersachsens Ministerpräsident Sigmar Gabriel (SPD) freute sich besonders, dass mit seiner Regentschaft eine neue Ära beginnt. „Vorbei sind die Zeiten, wo die Oldenburger Grünkohl-Majestäten im Ausland residieren mussten“, sagte er am Montagabend nach seiner Inthronisierung. Denn zum ers-ten Mal war zum traditionellen „defftig Ollnborger Gröönkohl-Äten“ in die neue niedersächsische Landesvertretung in Berlin geladen worden.

Die Ansicht des 45. Oldenburger Grünkohl-Königs, endlich sei für das traditionelle Spektakel eine angemessene Residenz gefunden worden, konnte seine Amtsvorgängerin, CDU-Chefin Angela Merkel, allerdings nicht teilen. „Ich habe eher den Eindruck, wir sind in einer Lagerhalle für eine Unmenge Grünkohl“, befand die scheidende Majestät. Ihre Ernennung hatte im vergangenen Jahr noch im stuckverzierten Operncafé am Boulevard Unter den Linden stattgefunden. Das hohe Foyer mit der Glasfront in der Landesvertretung, in dem die mehr als 200 Grünkohl-Gäste Platz genommen hatten, wirkte dagegen ziemlich nüchtern.

Gabriel dankte Königin Angela der Ersten für ihre Amtsführung, „auch wenn sie die sparsame Landesvertretung gemaßregelt hat“. Er riet ihr, sich nicht in allem durch den Unions-Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber beeinflussen zu lassen. „Nicht alle sind so barock wie er.“

Auch der frühere Bundeslandwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke (SPD), der bereits zum achten Mal das ehrwürdige „Kurfürs-ten-Kollegium“ leitete, das die Kohl-Majestäten auswählt, hatte nur Lob für Ex-Königin Merkel. „Wir haben vor einem Jahr die durchaus richtige Wahl getroffen“, sagte er und erinnerte daran, dass die berühmte K-Frage in diese Zeit fiel. Er habe den Eindruck, dass Merkel die Auseinandersetzung um die Kanzlerkandidatur in der Union sehr ruhig und gelassen hingenommen habe. Das konnte die CDU-Chefin nur bestätigen. „Die Würde der Kohl-Königin hat mir geholfen, die Übersicht und die Nerven in der so genannten K-Frage zu bewahren.“

Funke ritt wieder rhetorische Attacken in alle politischen Richtungen. K-König Edmund Stoiber (CSU), Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD), Wirtschaftsminister Hans Eichel (SPD), seine Nachfolgerin im Landwirtschaftsministerium, Renate Künast (Grüne), oder der Berliner PDS-Wirtschaftssenator Gregor Gysi bekamen ihr Pinkel, äh ihr Fett weg.

Und dann beschäftigte Funke noch die G-Frage. Die Wahl Gabriels zum neuen Grünkohl-König sei einstimmig gewesen, obwohl sich das Gremium schwer getan habe. „Wir wussten nicht, was wir davon halten sollten, dass in den Medien so getan wurde, als wenn schon alles entschieden sei“, grollte der „Große Kurfürst“. „Wenn sich das nicht bessert, werden wir da mal was zu demonstrieren haben“, drohte er.

Gabriel erließ als erstes königliches Edikt die Weisung, dass das Kollegium immer ein Bier und einen Schnaps frei habe – und das Hausrecht beim Grünkohlessen. Eine weitere „Schmeichelei“: Der jetzige Bundeskanzler Gerhard Schröder, der 1992 als niedersächsischer Ministerpräsident den Ehrentitel erhielt, erinnere sich angesichts seines Kabinetts noch heute an die Tage, als er mit dem Kollegium so fachkundige Berater zur Seite gehabt habe. Margret Scholtyssek, dpa