Weich gekocht, hart geblieben

Grüne müssen Kompromissangebot der Union, aber auch der eigenen Basis verkaufen

BERLIN taz ■ Die Grünen verteidigen mit ihrem Kompromissangebot beim Zuwanderungsgesetz eine schwierige Linie: sie müssen einerseits die Union überzeugen, dass die Zugeständnisse vom Montag real sind – und andererseits ihren eigenen Anhängern klar machen, dass sie nichts Wesentliches preisgegeben haben.

Besonders deutlich wird die Gratwanderung beim Nachzugsalter für Minderjährige. Der Kompromissvorschlag setzt das Alter von 14 auf 12 Jahre herunter. Im Pressegespräch erläutert Cem Özdemir, innenpolitischer Sprecher der Grünen, dann, der Rechtsanspruch auf einen Nachzug der Kinder bleibe bis zu deren 18. Lebensjahr erhalten, wenn ausreichende Sprachkenntnisse vorlägen. Außerdem seien Ermessensspielräume für Härtefälle vorgesehen. Weitere Erfolge schreiben sich die Grünen in Detailfragen zu: Für Behinderte und Analphabeten sollen geringere Hürden bei den Zuwanderungsvoraussetzungen gelten, eine Verschärfung des Asylbewerberleistungsgesetzes wurde abgewendet.

Die Ausländerbeauftragte soll künftig Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration heißen, damit ihre Rolle gegenüber einem geplanten Bundesamt für Migration gestärkt ist. „Der Gesetzentwurf hat keine Schlagseite erhalten, wir haben Kurs gehalten“, sagt Grünen-Rechtsexperte Volker Beck. Zugleich spricht er aber von einer „ausgestreckten Hand“ in Richtung Union.

Dabei ist die Tonlage gegenüber CDU und CSU eher gereizt als versöhnlich. „Ein absolut lächerliches, vorgeschobenes Argument“ nennt die Grünenfraktionschefin Kerstin Müller die Klage der Opposition über den Zeitdruck bei der Beratung. Beck bescheinigt Unionsfraktionschef Friedrich Merz, er habe ob des Koalitionsangebots „desorientiert“ gewirkt, und auch „der Kanzlerkandidat hat erneut gestammelt“.

Zufrieden sind die Grünen dagegen mit dem Kanzler. Nie habe er Zweifel daran gelassen, dass ihm an dem Zuwanderungsgesetz wirklich gelegen sei, heißt es. Auch der Plan, mit einem letzten Kompromissvorschlag an die Union bis kurz vor der Bundestagsabstimmung am Freitag zu warten, war offenbar in der Koalition schon lange vereinbart. PATRIK SCHWARZ