Die UNO liebt Genf

Egal, wie die SchweizerInnen abstimmen: Genf bleibt die europäische UNO-Hauptstadt. Stadt und Weltorganisation leben voneinander

GENF taz ■ Genf ist ohne die UNO ebenso wenig vorstellbar wie die UNO ohne Genf. Daran wird auch das Ergebnis der Abstimmung vom 3. März – wie immer es ausfällt – nichts ändern. Dass sich ein Nein der Schweizer Stimmbürger zum UNO-Beitritt tatsächlich zum Nachteil des internationalen Standorts Genf auswirken würde, wie von Beitrittsbefürwortern immer wieder behauptet wird, ist äußerst unwahrscheinlich.

In Genf und im benachbarten französischen Umland leben 22.000 MitarbeiterInnen – nebst Familienangehörigen – des europäischen UNO-Sitzes sowie der in der Stadt beheimateten Sonder- und Spezialorganisationen wie der Weltgesundheitsorganisation, des Flüchtlingshochkommissariats oder der Internationalen Arbeitsorganisation.

Hinzu kommen die Diplomaten der 165 Staaten, die in Genf eine ständige UNO-Botschaft unterhalten. Darüber hinaus halten sich noch rund 85.000 Menschen zwecks Teilnahme an einer der jährlich rund 2.000 internationalen Konferenzen oder Seminare jeweils zwischen einem Tag und sechs Wochen in Genf auf.

Den Dienstleistungssektoren und anderen Wirtschaftszweigen der Stadt bescheren die UNO-„Internationalen“ jährliche Einnahmen von rund 3,5 Milliarden Franken. Genf bietet ideale Bedingungen: eine in jeder Hinsicht hervorragende Infrastruktur, ein ausgesprochen schönes Umland mit hohem Freizeitwert sowie eine sehr gute Verkehrsanbindung. Und dies alles zu Preisen und Kosten, die zwar nicht gerade niedrig sind, aber im Vergleich zu Städten wie New York, London oder Tokio doch in vielen Bereichen deutlich geringer ausfallen.

Und es sind solche Kriterien und weniger politische Erwägungen, die den Ausschlag geben für die Ansiedlung oder Verlagerung von UNO-Organisationen und anderen internationalen Institutionen.

Das zeigen sehr deutlich die Bewerbungsunterlagen, die Genf und Bonn 1993 im Wettstreit um den Standort der Welthandelsorganisation (WTO) unterbreiteten sowie die Wünsche und Anforderungen, die die WTO-Mitgliedstaaten damals an die beiden Städte richteten.

AZU